Es ist Sonntagmorgen, und draußen wird es hell, als ich die Augen aufschlage. Ich liege in einem Hotelzimmer und greife nach dem Handy, weil ich wissen möchte, wie spät es ist. Schlaftrunken sehe ich eine Freundschaftsanfrage für Facebook von Irene auf dem Display. Merkwürdig, denke ich, ich bin doch schon seit Jahren mit Irene befreundet. Vielleicht, so denke ich, hatte sie ein Problem mit ihrem Konto oder mich versehentlich entfreundet. Darum nehme ich die Freundschaftsanfrage im Halbschlaf an. Doch postwendend kommt eine Nachricht von ihr. Wie es mir geht, will sie wissen. Auf französisch. Und das ist merkwürdig. Jetzt bin ich wach, denn das könnte ein Fall von Identitätsdiebstahl sein.

Die Sache mit dem zweiten Profil – ein Zeichen für Identitätsdiebstahl

Ich suche nach Irenes Profil bei Facebook. Tatsächlich gibt es jetzt zwei. Eines ist richtig ausgefüllt, das andere kaum. „Warum hast du ein zweites Profil?“, schreibe ich zurück. Die Antwort kommt blitzschnell: Sie habe Probleme mit dem Handy. Ich schreibe, dass ich nicht sicher bin, ob sie wirklich Irene ist und frage nach dem Namen ihrer Mutter. Sie geht nicht darauf ein, bittet mich stattdessen um Hilfe, da sie ihr Handy angeblich gesperrt hat. Ich schreibe, dass ich glaube, dass es sich um Identitätsdiebstahl handelt. Als Antwort kommt, dass ich eine Nummer anrufen soll, unter der ich einen Code genannt bekomme, den ich ihr schicken soll. Das Ganze soll drei Euro kosten, aber eigentlich sei es kostenlos.

Ich schicke die Screenshots an Irenes Schwester und sage ihr, sie möge Irene bitte Bescheid geben, damit diese das Konto sperren lässt. Dann gehe ich selbst auf das gefälschte Konto und melde es. Das ist gar nicht so einfach, denn ich soll das echte Konto angeben. Das kann ich in der Facebook-Auswahl aber nicht, weil beide Konten hier gleich aussehen. Irgendwie gelingt es mir schließlich doch, das richtige Konto zu melden. In der Zwischenzeit hat die falsche Irene nochmals geschrieben: „Alors? – Was ist denn jetzt?“. „Ich bin doch kein Idiot“, schreibe ich zurück. Einige Stunden später ist das Konto gelöscht.

Was die Verbraucherzentrale zum Thema Identitätsdiebstahl sagt

Mit Hauke Mormann von der Verbraucherzentrale NRW habe ich mich über diese Form der Abzocke unterhalten:

Die Kommunikation mit dem Abzocker ging ja rasend schnell. Sitzen da noch Menschen, die auf eine Reaktion warten, oder schon Bots?

Ob Menschen oder Bots chatten, weiß ich leider nicht. Sicher ist aber: Wenn auf Ihre Fragen nicht eingegangen wird, sollten Sie hellhörig werden. Grundsätzlich ist es aber schon möglich, dass keine echten Menschen antworten.

Sind manche Profile anfälliger für Identitätsdiebstahl als andere?

Es ist naheliegend, dass die Betrüger gezielt nach Profilen suchen, die ihre Freundesliste öffentlich zeigen. Wer das verhindern will, stellt die Sichtbarkeit der Freunde-Liste bei Facebook auf „Nur Freunde“ oder „Nur ich“ – schon ist das Profil für die Betrüger wertlos. Sie könnten es zwar kopieren, kennen aber die Freunde nicht, die sie abzocken wollten. Würden alle Facebook-Nutzer ihre Freunde-Liste sperren, gäbe es dieses Problem nicht. Da Facebook die Liste aber standardmäßig anzeigt, kann man immer noch angeschrieben werden, wenn man in einer öffentlich sichtbaren Freundesliste auftaucht, selbst wenn man die eigenen Freunde nicht allen öffentlich zeigt.

Wie läuft die Abzocke ab?

Die Betrüger speichern Profil- und Titelfoto, möglicherweise auch die jüngsten Beiträge der Chronik und legen ein neues Facebook-Profil unter gleichem Namen an – manchmal mit einem Tippfehler im Namen, manchmal auch ohne. Einige oder alle Freunde erhalten eine neue Freundschaftsanfrage. Wer sie annimmt, bekommt direkt eine Nachricht im Facebook-Chat. Die Art des Betrugs läuft unterschiedlich ab: Beispielsweise fragt der Abzocker nach der Handynummer und bestellt darüber und auf Kosten des anderen Waren. Oder wie in Ihrem Fall wird der Kontakt verleitet, eine kostenpflichtige Telefonnummer anzurufen. Die Beträge, um die die Opfer geprellt werden, variieren. Manchmal geht es um wenige Euro, manchmal um mehrere hundert Euro.

Kann man gegen die Abzocker etwas tun?

Meistens sind die kopierten Profile nach wenigen Minuten wieder gelöscht, sodass man wenig Handhabe gegen die Täter hat. Die Abzocker sitzen oft im Ausland, was auch der Grund für ungewöhnliche Aktivitäts-Zeiten und oft schlechtes Deutsch ist.

Was sollte man tun, wenn man eine Freundschaftsanfrage bekommen hat, von jemandem, mit dem man bereits befreundet ist?

Zunächst skeptisch sein und Fragen stellen, die nur der richtige Freund beantworten kann. Dann das Profil des Chat-Partners öffnen, oben rechts im Titelbild auf die drei Punkte neben „Nachricht senden“ klicken und „Melden“ auswählen. Über den Button „Dieses Profil melden“ im folgenden Menü auf „Das ist ein gefälschtes Konto“ klicken. Damit bekommt Facebook Kenntnis davon und kann das Profil sperren. Auf keinen Fall sollte man eine Telefonnummer herausgeben oder irgendwo anrufen.

Wer auf den Betrug hereingefallen ist, sollte Anzeige bei der Polizei erstatten. Die Landeskriminalämter haben Cybercrime-Abteilungen eingerichtet, wie beispielsweise das Landeskriminalamt NRW.

Lies hier mehr zu weiteren Abzockmethoden bei Facebook.

Identitätsdiebstahl bei Facebook – und was Ihr dagegen tun könnt

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