Darf's ein bisschen Luxus sein?
Darf’s ein bisschen Luxus bei Pressereisen sein?

Ich schimpfe ja gerne mal über PR-Agenturen: Darüber, dass sie mir unverlangt unpassende Pressemitteilungen schicken. Dass sie mich nicht aus dem Verteiler nehmen, obwohl ich sie mehrfach ganz nett darum bitte. Dass sie nicht erreichbar sind, nicht zurückrufen oder ganze Artikel vor der Veröffentlichung gegenlesen wollen. Allerdings sieht die Sache oft ganz anders aus, wenn man sich mit der Gegenseite unterhält – beispielsweise über Pressereisen. Ich habe mich darum mit PR-Kolleg*innen unterhalten, und sie gebeten, mir zu sagen, was sie schon mit Journalist*innen erlebt haben. Das ist das Ergebnis, allerdings anonym:

Partner*innen mitbringen

So sagten mir alle Kollegen, mit denen ich mich unterhalten habe, dass es sehr oft passiert, dass Journalist*innen ihre Partner*innen und gerne auch die Kinder mit auf Pressereise nehmen möchten. Eine PR-Frau gibt sogar an, dass die Zahl der Kollegen, die das wünschen, bei gut 90 Prozent liege. Für die Agenturen, die nur ein bestimmtes Budget haben, wird es dann oft teuer, ohne dass sie dadurch einen größeren Nutzen haben. Trotzdem ermöglichen sie es zumindest ab und zu, beispielsweise indem sie vergünstigte Verlängerungswochenenden anbieten, an denen Partner*innen nachkommen können. In einem Fall hatte eine Agentur es allerdings ermöglicht, dass die Frau und das Kind eines Kollegen schon während der Pressereise dabei sein durften. Die Frau war angekündigt worden als Journalistin, die bei einer großen Tageszeitung arbeitet. Sie hatte sich jedoch als Anzeigenverkäuferin entpuppt, die die Pressereise nutzte, um den beteiligten Kooperationspartner*innen Anzeigen anzubieten.

Ähnlich sei es bei Presseevents, zu denen eine Agentur häufig einlädt: „Ein Ticket kostet dann inklusive Verkostung oft zwischen 400 und 1000 Euro“, höre ich. „Wenn dann Journalist*innen gerne Freunde oder Verwandte mitbringen wollen, ist das für uns schwierig, denn wir haben nur eine begrenzte Zahl an Freikarten, die wir natürlich so herausgeben wollen, dass wir möglichst viel davon haben.“

Wenn nach Pressereisen nichts veröffentlicht wird

Doch dabei erlebe man auch oft eine herbe Enttäuschung. Sehr häufig passiere es leider gerade bei freien Journalist*innen, dass sie angeben, Ergebnisse der Pressereise in verschiedenen Medien unterzubringen. „Leider wird dann von geschätzt 40 Prozent der Teilnehmer*innen gar nichts veröffentlicht“, sagt eine PR-Kollegin. Darum prüft sie in der Zwischenzeit sehr genau, wen sie zu Pressereisen einlädt. Ein echtes Problem sei auch, wenn Journalist*innen Pressereisen kurzfristig absagen. „Ist das nur einer, macht das nichts“, sagt ein PR-Kollege. Anders sei es jedoch, wenn von sechs Journalist*innen vier einen Tag vor Beginn absagen. Denn dann kann die Reise nicht stattfinden.

Ein Fall wurde mir von einer Pressestelle in Ostwestfalen geschildert, in dem eine Journalistin einfach nicht im Hotel aufgetaucht ist, in dem für sie ein Arrangement gebucht worden war. Sehr ärgerlich – denn das Hotel war ausgebucht, und auch dieses Zimmer hätte man an diesem Tag gut vergeben können. Auf Nachfrage sagte sie, sie habe eine Mail geschickt. Natürlich passiert es immer wieder, dass Mails verschwinden. Aber vielleicht könnte man bei kurzfristigen Absagen ja auch anrufen.

Eine merkwürdige Mitnahmekultur

Außerdem erzählt eine PR-Kollegin, dass eine Journalistin im für sie gebuchten Hotel Kosmetikprodukte und Kosmetik–Anwendungen gekauft hat, und sie ohne das abgesprochen zu haben, auf die Rechnung der PR-Agentur setzen ließ. Und als ob das nicht schon ziemlich frech sei, gibt es auch noch einen Journalisten, der bei einer entsprechenden Möglichkeit eine Flasche Wein gestohlen haben soll. Und noch einen Fall erzählt man mir: Bei einer Genussreise gab es die Möglichkeit, Austern zu probieren. Ein Journalist, so höre ich, hat das sehr ausführlich gemacht. Er hat gleich 15 der teuren Muscheln gegessen.

Pressereisen: Wenn sich Journalisten daneben benehmen
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3 Kommentare zu „Pressereisen: Wenn sich Journalisten daneben benehmen

  • November 16, 2016 um 9:21 am Uhr
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    Da können wir ein Lied davon singen… und wir können da noch einige Episoden ergänzen. Folgendes haben wir schon erlebt:

    – Journalist hat mit seiner Zigarette die Bettdecke abgefackelt
    – Journalist hat sich zu einer Wander-Reise angemeldet und erst vor Ort erklärt, dass er kürzlich eine Hüft-OP hatte und leider nicht viel laufen darf
    – Journalist hat sich zu einer Kulinarik-Reise ans Meer angemeldet und vor Ort bekannt gegeben, dass er weder Fisch noch Meeresfrüchte isst und stattdessen Schnitzel mit Pommes verlangt
    – Journalisten besuchen Medienevents um sich zu betrinken und das Gratis-Buffet zu plündern – möglichst so, dass alle anderen sicher nichts mehr abbekommen
    – Journalist/Freelancer behauptet für ein Magazin zu schreiben und irgendwann erfährt man, dass das schon lange nicht mehr der Fall ist

    Aber alles in allem muss man sagen, dass wir sehr gute Erfahrungen mit dem schreibenden Volk gemacht haben und dies glücklicherweise nur Ausnahmen sind. Wir freuen uns auch weiterhin auf tolle Events und Pressereisen sowie eine gute Zusammenarbeit mit den Medienschaffenden.

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  • März 16, 2018 um 9:55 am Uhr
    Permalink

    Presseevents oder sogar Pressereisen sind eine tolle Möglichkeit mit Veranstaltern in Kontakt und Einblicke zu bekommen, die sonst oft nicht machbar sind. Dafür war ich in meiner aktiven Zeit als Architektur-Journalistin sehr dankbar und habe immer versucht, dies auch in dem entsprechenden Medium unterzubringen und meinen Texten widerzuspiegeln. Umso erschreckender fand ich , wie dreist sich dabei zum Teil „Kollegen“ benommen haben und wie selbstverständlich das alles für diese war. Dazu sogar noch die Familie oder ähnlich mitzubringen geht für mich gar nicht! Von daher kann ich alle Agenturen verstehen, die sich vorher genau anschauen, wen sie einladen … Es ist nun mal ein „Geben und Nehmen“ in diesem Bereich und wer nur „nimmt“ ist in meinen Augen raus!

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