Kein W-LAN = kein Onlinejournalismus
Kein W-LAN = kein Onlinejournalismus. Die Technik in Seminaren kann die beste Planung zerstören

Es ist nach zwei Uhr morgens, als ich im Gästehaus eines Konferenzhotels irgendwo im tiefen Osten vom Lachen einiger Menschen auf dem Flur geweckt werde. Mich erschreckt die Vorstellung, dass das einige Teilnehmer meines Seminars sein könnten, das um 9 Uhr beginnen soll. Wer jetzt noch so fit ist, kann es kaum sechs Stunden später wieder sein. Auch nicht, wenn er über 20 Jahr jünger ist als ich. Der Gedanke beunruhigt mich so sehr, dass ich nicht mehr einschlafen kann. Ich nutze meine Podcastapp und mache damit eine geführte Entspannungsübung. Kurz vor dem Einschlafen fällt es mir ein: Ich habe den VGA-Adapter für mein Laptop zuhause vergessen. Es war nicht so, wie man aus dem Haus geht, und denkt, man habe den Herd nicht ausgeschaltet. Ich wusste vielmehr mit einem Schlag: Ich hatte ihn nicht dabei. Schlecht. Sehr schlecht sogar. Den fehlende Technik in Seminaren kann fatal sein. Jetzt war an Schlaf nicht mehr zu denken. Ich spielte die verschiedenen Möglichkeiten durch:

  1. Das Hotel hat einen VGA Adapter für ein Apple-Laptop. Möglich, aber unwahrscheinlich.
  2. Der Beamer hat einen HDMI-Anschluss. Möglich.
  3. Ein Teilnehmer oder die Seminarleiterin hat einen Adapter dabei. Möglich.

Was, wenn nicht?

Natürlich können alle Stricke reißen. Für diesen Fall habe ich schnell meine Keynote-Dateien in Power Point Dateien umgewandelt und auf USB-Stick gezogen. So könnte sich jeder Teilnehmer die Folien aufs Laptop ziehen, dachte ich mir. Für den Fall, dass dort weder Keynote, noch Power Point installiert sein sollte, habe ich sie noch in PDFe umgewandelt. Da es sich um ein Onlineseminar handeln sollte, kam ich außerdem auf die Idee, die PDFe auf die extra angelegte geschlossene WordPressseite zu laden. So könnte sich auch jeder, der kein Laptop dabei hat, die Folien immerhin aufs Smartphone oder aufs Tablet ziehen. Doch mit diesem Gedanken ging das Chaos erst richtig los.

Offline im Osten oder die Technik in Seminaren ist der Dreh- und Angelpunkt

Zwar hatte mir die Seminarleiterin bereits einige Tage zuvor geschrieben, dass es große Probleme mit dem Internetzugang gebe, aber jetzt verstand ich erst, was sie damit meinte. Ich brauchte etwa zwei Stunden, bis meine Dateien im Netz waren. Danach schlief ich noch ein Ründchen, fühlte mich aber weitgehend gewappnet für das Seminar. Doch es kam alles anders.

Internet? Läuft!
Internet? Läuft!

Ich betrat den Seminarraum früh am nächsten Morgen, an der Rezeption hatte man keinen VGA-Adapter. Der Beamer hatte natürlich keinen HDMI-Anchluss. Die Seminarleiterin hatte einen VGA-HDMI-Adapter, der aber nicht mir dem Apple Laptop harmonierte. Ein Teilnehmer hatte einen Lightning-Anschluss auf VGA, doch ich konnte meine Folien nicht aus der iCloud aufs iPhone laden, weil das W-LAN nicht funktionierte. Im Seminarraum lagen zwar überall wie Schlangen LAN-Zugänge, doch mein neues Laptop hat dafür keinen Anschluss mehr.

Zum Glück hatte ich auch das alte Laptop dabei, denn wir wollten ja in der Gruppe eine Onlinedokumentation erstellen. Doch die Kabel zeigten beim Einstecken keinerlei Wirkung. Die Seminarleiterin sagte mir, sie halte sie für Attrappen. So viel zum Thema Technik in Seminaren. Ein andere Teilnehmer hatte einen HDMI auf Lightning-Adapter dabei, der brachte mir natürlich gar nichts. Auf dem Laptop der Seminarleiterin war kein Power Point installiert und auf dem Laptop eines Teilnehmers, das ich hätte nutzen können funktionierten meine in Power Point konvertierten Keynote-Dateien nicht. Gut. Oder eher: schlecht! Als letzte Möglichkeit zeigte ich also meine Folien als PDFe.

Seminarabbruch wegen Technik und Gesundheitsstand

Der Online-Teil fiel komplett aus, denn erstens waren wir offline. Zweitens betrug die Krankenquote nach dem Mittagessen 90 Prozent. Teilweise wurde so viel gehustet im Seminarraum, dass ich mein eigenes Wort nicht mehr verstand. Rundum schaute ich in weiße Gesichter mit vor Fieber flackernden Augen. Das Seminar wurde drei Stunde vor seinem Ende abgebrochen. Ich hatte auf USB-Stick die Unterlagen der Seminarteilnehmer, und mich verpflichtet, sie von Köln aus alleine ins Netz zu laden und die Seite zu bauen.

Offline auf dem Land: 2010 hatten in Deutschland knapp 40 Prozent aller Haushalte einen Internetanschluss mit einer Datenübertragungsrate von 50 MB/Sekunde. Heute sind es rund 64 Prozent, heißt es in der Broschüre „Von Hürden und Helden“ vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung. In Thüringen oder Sachsen sei jedoch nur weniger als jeder zehnte Haushalt an das schnelle Internet angeschlossen. Bis 2018 soll laut Koalitionsvertrag schnelles Internet flächendeckend verfügbar sein.

Ich begann damit am selben Abend im Hotelzimmer, da ich ja nichts anderes vor hatte und noch nicht nach Haus reisen konnte. Jedes der 72 Fotos musste weboptimiert werden, denn Dateien, die größer als 1 MB waren, konnte ich in meinem Zimmer, in dem ich einen Hauch von W-LAN hatte, nicht hochladen. Da ich kein Photoshop auf dem Laptop habe, machte ich das mit der Apple-Vorschau. Auch die Texte bekam ich ins Netz, die Videos erst, als ich wieder zuhause war. Doch in der Zwischenzeit hatte die Seminarleiterin, die auch krankheitsbedingt ausgefallen war, beschlossen, dass das Material der Teilnehmer nicht ausreichend war, um das Projektziel zu erreichen. Also wurde die Seite, die ich extra eingerichtet hatte, gelöscht, bevor sie jemals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden konnte. Das schmerzt das Onlinerherz der Dozentin

Technik in Seminaren: mehr Chaos

All ob das nicht genug gewesen wäre, hatte ich am Samstag darauf ein weiteres Seminar bei einem anderen Kunden. Es fand in einer Jugendherberge statt, die 20 Minuten zu Fuß vom Hauptbahnhof entfernt war, kein Bus fuhr dorthin, und ich gebe zu, dass ich den Weg unterschätzt hatte. Als ich 30 Minuten vor Seminarbeginn meinen Raum betrat, stand dort nichts. Die Küchenhilfe, die mich empfangen hatte, sagte mir auf meine Frage nach dem Beamer, ich fände alles im Schrank. Dort lagen in der Tat Kabel, wild verschlungen, und dort stand auch ein Beamer. Doch als ich mein einwandfrei funktionierendes Laptop anschloss, sah ich nur dunkelblaue Schrift auf blauem Hintergrund.

In der Zwischenzeit kamen die ersten Teilnehmer, typisch Windows-User: Vermutlich seien die Einstellungen am Gerät falsch, ich solle doch nochmals durchs Menü klicken. Ich, es besserwissend, fragte die Küchenhilfe nach dem Techniker. Sie rief ihn an und kam mit einem Satz zurück, den er einem Mann sicherlich niemals hätte ausrichten lassen: Ich solle doch überprüfen, ob die Kabel richtig feststeckten. Ich sprang fast im Dreieck.

Rat wusste schließlich der Dozent aus dem Nebenraum: Am VGA-Kabel fehlten drei der vielen kleinen Stäbchen auf einer Anschlussseite. Steckte man diese am Laptop ein, wurden keine Farben übertragen. Steckte man sie an den Beamer, spielte das keine Rolle. Oder in anderen Worten: Das VGA-Kabel war kaputt. In wenigen Wochen muss ich dort übrigens ein weiteres Seminar geben. Ich bin gespannt, ob es bis dahin ein neues VGA-Kabel gibt. Falls nicht, weiß ich jetzt auf jeden Fall, wie ich dieses Problem beheben kann. Und auf weitere technische Probleme kann ich für den Rest des Jahres bei meinen Seminaren gerne verzichten.

Zum Weiterlesen: Sechs Seminare, die ich nicht mehr so schnell vergessen werde.

Technik in Seminaren: Was einer Dozentin die Laune verderben kann
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3 Kommentare zu „Technik in Seminaren: Was einer Dozentin die Laune verderben kann

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  • Januar 12, 2017 um 6:48 pm Uhr
    Permalink

    Das erinnert an so manchen Albtraum – bei dem man allerdings irgendwann wach wird und erleichtert feststellt, dass es nur ein ebensolcher war. Aber noch schlimmer erging es einem Dozent, der wenige Wochen vor mir beim gleichen Veranstalter aufgetreten war. Dort war zwar technisch alles optimal vorbereitet, aber als er (nach einer verkehrsbedingten Verspätung) eiligst seinen Laptop startete, produzierte der vor einem Forum mittelständischer Unternehmer eine Dia-Show mit recht expliziten Porno-Bildern. In seiner Aufregung gelang es dem Referenten erst nach gefühlt endloser Zeit, die peinliche Show zu stoppen. Der hilflose Versuch, einen Virus für das Malheur verantwortlich zu machen, machte die Sache auch nicht besser.

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