Testberichte
Produkttests bei Testberichte

Ich gebe zu: Manchmal gehen Dinge im Internet einfach an mir vorbei. Beispielsweise, dass es ausgesprochen lukrativ sein kann, Produkttests durchzuführen. Natürlich weiß ich, dass es Blogger und Vlogger gibt, die Testblogs oder YouTube-Kanäle haben. Natürlich weiß ich auch, dass sie ab einer gewissen monatlichen Besucherzahl Produkte zum Test von Firmen angeboten bekommen. Manchmal geht es dabei zwar nur um ein Schokoladen- oder Käsepaket. Oft sind es jedoch auch Kühlschränke, Handys oder Kameras. Wie ich durch eine anonyme Mail gelernt habe, braucht man gar keinen Blog oder YouTube-Kanal, um am Produktregen teilzunehmen. Es reicht, wenn man beispielsweise bei Amazon genügend Bewertungen schreibt. Das hat jedoch vielfältige Konsequenzen – und zwar ethischer und steuerlicher Natur.

Aber der Reihe nach: Mit Bezug auf meinen Artikel Einnahmen als Blogger richtig versteuern habe ich also eine anonyme Mail bekommen:

„Was die Sacheinnahmenversteuerung gibt es aber einen Bereich der wesentlich stärker wächst als der Bereich der Blogger – die sogenannten Produktrezensionen. Als Rezensist auf Amazon.de bin ich durch ein paar gute Rezensionen mal im Bereich der Top 200 angekommen. Hat man seine Emailadresse im Profil, erhält man dann ca. 5-20 Testangebote am Tag mit Kabeln, Hüllen, Ladegeräten aber auch höherwertiges wie IP-Cams, Handys, Tablets usw. Ein ganzes Heer von „Produktestern“ tut sich derzeit auf, (…) In der Top 50 kann man den Profilen zufolge Testprodukte von locker über 10.000 Euro Neuwert im Jahr erhalten. Ob sich das Finanzamt hier die Mühe macht alle Rezensionen durchzugehen um nach entsprechenden Hinweisen zu suchen? Und wie eindeutig ist hier die „Beweislast“? Ich weiss es bisher nicht. Das VINE-Programm ist zumindest bisher unangetastet. Ich bin gespannt wie sich das in Zukunft entwickeln wird.“

Welche Fragen stellen sich in Zusammenhang mit Produkttests?

Was mir der Absender schreibt, ist interessant. Denn es wirft zwei ganz unterschiedliche Fragen auf:

  1. Wie ist das denn, wenn ich hochwertige Produkte bekomme? Werde ich dann als Rezensent eher positiv bewerten, um auch weiterhin diese Produktüberlassungen zu bekommen? Und falls ja, was bedeutet das für Produktbewertungen im Netz?
  2. Wie sieht das eigentlich mit der Versteuerung dieser überlassenen Waren bei Produkttests aus? Ist jemand, der nichts anderes macht, als Produkte zu bewerten, Gewerbetreibender? Oder hat er als Angestellter Nebeneinkünfte? Oder als Freiberufler ein weiteres Standbein?

Gespräch mit der Verbraucherzentrale NRW über Produkttests

Ich telefoniere zunächst mit Georg Tryba von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Seine klare Aussage: Vergessen Sie Produktbewertungen im Netz. Dafür gibt es gute Argumente:

  • Dem Tester sind möglicherweise andere Kriterien wichtig oder unwichtig die mir als Käufer besonders wichtig oder gar nicht wichtig sind. Zu oft lässt man sich dann also von einer Bewertungen täuschen, die irrelevant ist.
  • Außerdem, so Tryba, werden sowohl viele gute als auch schlechte Bewertungen gekauft.
  • Drittens: Hat beispielsweise ein Hotel zu viele negative Bewertungen, dann wechselt es eben seinen Namen und fängt wieder bei Null an.

Wie wichtig Bewertungen online sind, soll eine Studie belegen, die ein Unternehmen, das Tester und Unternehmen zusammenbringt, auf seiner Seite zitiert:

  • 30 Prozent mehr Umsatz bei positiver Bewertung,
  • Produkte mit positiver Bewertung verkaufen sich doppelt so gut, wie Produkte ohne Bewertung.
  • Der Verkauf ist um 63 Prozent höher, wenn ein Produkt mehr als 50 Bewertungen hat.

Meine anonyme Quelle schickt mir zusätzlich einen Link zum Focus, der das Thema ebenfalls beleuchtet hat. Außerdem schickte er mir einen Link zu den Top-Testern auf Amazon.

Wie Unternehmen Produkttests fördern

Jeder kann über Bewertungen und Tests im Internet denken, was er möchte. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass wir für Fit für Journalismus bereits mehr als einmal von namhaften Unternehmen gefragt wurden, ob wir ihre Produkte gegen Geld testen würden. Wir sollten aber nirgendwo sagen, dass es sich dabei um einen bezahlten Beitrag handelt. Machen wir natürlich nicht. Wir haben schließlich einen guten Ruf zu verlieren.

Mein anonymer Informant hat mich auch darauf aufmerksam gemacht, dass es Unternehmen gibt, die sich darauf spezialisiert haben, Tester und Unternehmen zusammenzubringen. Manchmal muss man einen Euro für das Produkt bezahlen oder das Porto übernehmen. Interessant dabei: Sobald etwas dafür gezahlt werden soll, und sei der Betrag noch so klein, sinkt die Zahl der Interessenten deutlich.

Was mit den Produkten nach einem Test geschieht

Wer Produkte zum Test angeboten bekommen möchte, sollte sinnvollerweise bereits eine Bewertungs-Geschichte bei Amazon haben. Wer Produkte bekommt, darf diese in der Regel behalten. Verkaufen oder verschenken darf man sie jedoch nicht in jedem Fall. Der Club der Produkttester beispielsweise schließt das in seinen AGBs explizit aus. Ich frage mich, was man dann mit den Produkten macht, wenn man beispielsweise in einem Monat fünf DigiCams zur Bewertung bekommt. Und die Antwort liegt im Internet sehr nahe: Man verkauft sie unter anderem Namen bei Ebay. Einen Beweis dafür habe ich allerdings nicht. Aber um mehrere Ecken und anonym wurde mir meine Vermutung bestätigt.

Ich habe den Club der Produkttester und Testberichte Reviews gefragt, wie es denn mit der steuerlichen Seite für die Produkttester aussieht. Testberichte Reviews sagte mir, man habe dazu keine verlässlichen Infos. Vom Club der Produkttester bekam ich eine lange Mail als Antwort zurück. Dort unterscheidet man zunächst, ob der Tester frei über das Produkt verfügen darf. In diesem Fall so heißt es, würde Schenkungssteuer fällig, aber nur unter bestimmten Bedingungen. Da die AGBs beim Club der Produkttester aber keine freie Verfügung zulassen, und außerdem das Produkt keinen Marktwert mehr nach einem Test habe, entfiele auch die Besteuerung.

Was Finanzexperten dazu sagen

Ich wollte wissen, ob diese Argumentation richtig ist. Darum habe ich zunächst den Deutschen Steuerberaterverband gefragt. Er hat leider meine Frage nicht beantwortet. Darum habe ich mich mit den Fragen zu Produkttests an die Pressestelle des Finanzministeriums NRW gewandt. Von dort bekam ich ebenfalls eine lange Antwort. Sie bringt hoffentlich ein bisschen Licht ins Dunkel:

Das Ministerium geht von Produkttestern aus, die Waren zum dauerhaften Gebrauch überlassen bekommen, um sie zu bewerten. Diese Produktüberlassung ist keine Schenkung. Denn eine Schenkung setzt unter anderem voraus, dass sie unentgeltlich erfolgt. Der Tester verpflichtet sich jedoch zum Testen des Produkts und zu einer entsprechenden Rezension. Als Gegenleistung darf er das besprochene Produkt behalten und nutzen.

Da die Produkte demnach in der Regel als Gegenleistung für die Produktbewertung überlassen werden, handelt es sich um steuerpflichtige Einkünfte des Produkttesters. „Wenn der Produkttester wiederholt und damit nachhaltig tätig wird, handelt es sich um gewerbliche Einkünfte“, heißt es in der Information des Ministeriums. Demnach müsste also auch ein Gewerbe angemeldet und unter Umständen Gewerbesteuer abgeführt werden.

Vielleicht sind es auch sonstige Einkünfte

Wird der Produkttester nur ab und zu tätig, stellen die überlassenen Produkte sonstige Einkünfte nach Paragraf 22 Nummer 3 Einkommensteuergesetz dar. Zumindest, wenn die überlassenen Sachwerte – abzüglich etwaiger Werbungskosten – mindestens 256 Euro im Kalenderjahr betragen. Die dürften relativ schnell überschritten sein, scheint mir. Zumindest bei den Testern, die eben nicht nur Tütensuppen und Kabel testen. Die Besteuerung hängt dann davon ab, ob unter Berücksichtigung der übrigen Einkünfte der Grundfreibetrag überschritten wird, heißt es in der Antwort des Finanzministeriums weiter.

Auch umsatzsteuerrechtlich kann es Konsequenzen haben, Produkttests zu machen: Ein Produkttester erbringt eine Leistung für eine Gegenleistung. Nämlich in unserem Fall die Überlassung des Testprodukts. Regelmäßig wird der Produkttester das in seinem Unternehmen getestete Produkt nach Testende in sein nichtunternehmerisches Privatvermögen überführen oder zumindest privat nutzen. „Insoweit verwirklicht der Produkttester umsatzsteuerrechtlich eine umsatzsteuerbare und –pflichtige unentgeltliche Wertabgabe. Eine Weiterveräußerung ohne vorherige Überführung in des Privatvermögen wäre ebenfalls umsatzsteuerbar und –pflichtig“, heißt es in der Antwort des Finanzministeriums NRW weiter.

Eine Umsatzbesteuerung entfällt jedoch nach der Kleinunternehmerregelung des Paragrafen 19 Umsatzsteuergesetz, wenn der Gesamtumsatz im vorhergehendem Jahr 17.500 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Jahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Der Gesamtumsatz ist der Wert der zur dauernden Nutzung überlassenen Produkte zuzüglich eventueller Verkaufserlöse.

Für Produkttester bedeutet das: Ich würde mit spitzem Bleistift nachrechnen, wie hoch der Wert der Waren, die mir pro Jahr gegen einen Testbericht und zur freien Nutzung überlassen wurden, ist. Hätte ich das Gefühl, in die Nähe der genannten Beträge zu kommen, würde ich einen Steuerberater aufsuchen. Oder weniger Produkte testen.

Ethische und steuerliche Fragen bei Produkttests
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10 Kommentare zu „Ethische und steuerliche Fragen bei Produkttests

  • September 10, 2016 um 12:04 pm Uhr
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    Der Wert der Gebrauchsüberlassung von Gegenständen ist vom Wert her nicht mit der Eigentumsübertragung zu Marktpreisen zu verwechseln. Dieser Denkfehler wird gerne verbreitet, wenn es um den achso-enormen Wert der Sachen geht, die einzelne Produkttester erhalten. Die Rechte, die mit der Gebrauchsüberlassung der Gegenstände verbunden sind, sind zumindest bei den Vine-Produkttestern jedenfalls stark eingeschränkt gegenüber einem Kauf mit Eigentumsübergang: Herausgabe der Artikel kann seitens der Hersteller eingefordert werden, die Produkttester können nicht frei über den Verbleib der Artikel bestimmen (keine Weitergabe), es besteht kein Verbraucherschutz im Sinne von Gewährleistung bei Defekt, Rückgabe nicht möglich etc. pp.
    Zusätzlich entstehen diverse Kosten (Kauf von Batterien, Speicherkarten, Kabel, diverse Add-ons…um überhaupt testen zu können), Heimbüro, Lagerfläche…insofern ist der tatsächliche Gewinn idR verschwindend gering.

  • September 13, 2017 um 6:01 pm Uhr
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    Vielen Dank für den Interessanten Artikel. Mich würde nun tatsächlich auch interessieren, wie es auf Seiten der Unternehmen aussieht? Muss ein Unternehmen, welches die Dienstleistung des Produktebewertens für z.B. einen Händler anbieten, nicht ebenfalls Steuern für ihre „verdeckten“ Mitarbeiter alias Produkttester bezahlen? Ein kurzes Beispiel, eine Freundin von mir testet regelmäßig Produkte und schreibt hierfür eine Bewertung auf Amazon, hierfür erhält sie vorab das Geld inkl. Porto auf ihr Konto überwiesen und kauft dann das Produkt. Die Produkte darf sie behalten, verkaufen, verschenken. Sie wird also quasi im vorhinein dafür bezahlt, dann das spezielle Produkt zu kaufen und zu bewerten…

    • September 14, 2017 um 8:02 am Uhr
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      Liebe Maria, das ist eine gute Frage, die man noch viel weiterdrehen könnte. Denn eventuell könnte es sich je nach Absprache oder Vereinbarungen bei diesen Verhältnissen auch um eine Scheinselbstständigkeit handeln, und dann würden auch noch Sozialabgaben fällig. Aber: Ich bin keine Steuerberaterin, sondern Journalistin. Die ehrliche Antwort ist: Ich weiß es nicht! Und ich habe im Moment leider auch nicht die Zeit, das Thema zu recherchieren. Darum kann ich nur sagen: Ein Steuerberater könnte vielleicht Licht ins Dunkel bringen.

  • Pingback:Mit diesen Apps werden fast alle zu Influencern: Vor- und Nachteile von Freachly & Co | Bettina Blaß

  • Oktober 8, 2019 um 11:40 am Uhr
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    Sehr interessanter Beitrag. Tatsächlich gibt es einige Plattformen die Tester auch Geld dafür zahlen, obwohl sie die Produkte von den Amazon Händlern obendrein kostenlos erhalten oder Produkttester die sehr aktiv auf Amazon und Ebay handeln. Allerdings ist das eher die Ausnahme auf über 17000 Euro jährlich zu kommen. Zumindest sehen wir bei unseren Produkttestern wenig super aktive Tester die Ware gleichzeitig verkaufen.

    • Oktober 8, 2019 um 11:47 am Uhr
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      Hallo Keti,

      es wäre schön, wenn du im Text noch geschrieben hättest, dass du von einer Agentur bist, bei der man Bewertungen für Amazon, Google und viele andere kaufen kann.

      Viele Grüße

  • Februar 15, 2020 um 11:21 am Uhr
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    Solange die Tester freiwillig entscheiden ob bzw. wie sie bewerten, ist das doch in Ordnung. Bei uns bei Lutendo bewerten viele Tester auch freiwillig, da die meisten Kampagnen gar keine Bewertungs-Kampagnen sind, sondern reine Sales-Kampagnen. Sprich Produkt kaufen (oft bis zu 100 % kostenlos) behalten, fertig.
    Das Einfordern von 5 Sterne Bewertungen durch Händler ist fragwürdig, ja – das machen auch wirklich die wenigsten. Das Hauptproblem für die Händler ist doch das, dass viele Bewertungen die organisch generiert werden, negativ sind. Bei ein, zwei negativen Bewertungen, benötigt der Händler wieder 10 – 20 Bewertungen um über einen 4 Sterne-Schnitt zu kommen und auf dem alten Niveau weiter zu verkaufen, oft ist es aber hier dann schon zu spät und das Produkt von den ersten Seiten verschwunden.
    Dazu bewerten oft Mitbewerber mit 2, 3 negativen Reviews und dann ist die ASIN schon in den Brunnen gefallen. Fakt ist: Fast jeder macht irgendwie oder irgendwo was, um einen respektablen Schnitt zu haben und verkaufen zu können.
    Deutschland ist einfach ein Land wo gut und gerne gemeckert wird und nicht der Kunde freiwillig, einfach so mal „Danke“ sagt. Das ist leider die Ausnahme und das können wir aus Erfahrung sprechen. Tausende Händler und Kampagnen beweisen eben wie es im Markt läuft, das ist schade.
    Genau wie bei der Tour de France immer gedopt wird (wie soll auch jeder Radfahrer 3 Wochen unter Höchstleistung tausende km und oft über 10 % Steigung über 30, 40 km/h fahren???), so wird das Thema Bewertungsmanagement einfach immer vorhanden sein.

    Zur Moral: Was soll ein Händler machen wenn er angegriffen wird, was, wenn sein gutes Produkt unverdient negative Reviews bekommt? Ist es Betrug am Kunden, wenn dieser ein Produkt bei Amazon aufgrund von Bewertungen kauft und unzufrieden ist? Nein, er kann es kostenlos zurückschicken, erhält sofort und ohne Theater eine Gutschrift – fertig.
    Andersrum dagegen für den Händler: Keine Chance als sich eben an Portale wie Lutendo, Amztigers, Clubderprodukttester usw. zu wenden.

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