Wer professionell bloggt, möchte langfristig betrachtet mit dem Blog Geld verdienen. Doch dabei kommen einige Fragen auf: Wie unabhängig berichtet man denn, wenn man Reisen bezahlt oder Sachwerte geschenkt bekommt? Welche Rolle spielen sponsored posts – und wann ist die Rede von Schleichwerbung? Und was sagt eigentlich das Finanzamt zu alledem?
Ich habe zum Thema schon andere Artikel geschrieben:
- Mit Christian Solmecke beispielsweise habe ich mich über das Thema Schleichwerbung unterhalten,
- mit einem Steuerberater über die Frage, wie man als Blogger seine Einnahmen richtig versteuert.
Auch in der Welt war neulich ein ausgesprochen interessanter Artikel zu diesem Thema.
Jetzt habe ich mich ein weiteres Mal mit der Sache auseinandergesetzt und von Michael Hirschler vom DJV sehr ausführliche Antworten erhalten:
Unterschwellig wird von Journalisten und Bloggern doch immer eine positive Berichterstattung erwartet, wenn sie etwas kostenlos überlassen bekommen. Was bedeutet das für die Kennzeichnung entsprechender Posts?
Für Personen außerhalb des Journalismus mag es so scheinen, dass Journalisten Vorteile erlangen, wenn sie Rezensionsexemplare oder Einladungen zu Pressereisen erhalten. Außenstehende mögen daher auch vermuten, dass damit Abhängigkeiten entstehen und die Berichterstattung beeinflusst wird. Wer allerdings im Journalismus tätig ist und miterlebt, welche Menge von Büchern und welche große Anzahl von Angeboten an Pressereisen bei – wirklichen – Fachjournalisten auflaufen, kann über solche Vermutungen nur lächeln.
Für Profis sind diese unbestellten Zusendungen und Angebote mitunter nur noch eine Last. Eine Vielzahl von Büchern kann oft schon aus Zeitgründen oder mangels Interessenten an einer Publikation nicht besprochen werden, und ob eine Zeitschrift einen Bericht über eine Pressereise kauft, steht oft auch in den Sternen. Viele Journalisten nehmen daher Angebote zu Pressereisen nur in Ausnahmefällen an, da sie zeitraubend und die für solche Berichte erzielbaren Honorare oft genug unsicher sind. Hinzu kommt, dass Bücher inhaltlich bekanntlich häufig schlecht geschrieben sind und Pressereisen mitunter lieblos organisiert werden, also beispielsweise nur ein Standardprogramm haben und keine Rücksicht auf die speziellen Berichtserstattungs- und Prüfungsvorhaben der teilnehmenden Journalisten nehmen.
Da entstehen also im Regelfall keine Abhängigkeiten oder Schuldgefühle beim Journalisten – mancher Anbieter kann froh sein, wenn der Journalist über das Buch oder die Reise gar nichts schreibt, denn Grund für Verrisse gäbe es genug. Beispielsweise wenn die Journalistin bemerkt, dass ihre Teilnahme an der Reise eines Bundesministers vom zuständigen Presse- und Öffentlichkeitsarbeiter offenbar nur zum Zweck der Vergrößerung eines imponierenden „Tross“ angedacht ist und eine ernsthafte Berichterstattung nicht wirklich gewünscht ist. Viele Kollegen nehmen daher solche Angebote gar nicht mehr wahr.
Gleichwohl kommt es in einigen Medien vor, dass Autoren klarstellen, dass sie ihre Erkenntnisse auf einer vom Anbieter finanzierten Reise gewonnen haben. Eine Pflicht zur Kennzeichnung von Beiträgen besteht in dieser Frage nicht, viele Medien wollen das auch nicht. Natürlich auch deswegen nicht, weil sie mit einem solchen Hinweis der naiven Vermutung, dass der Artikel durch die kostenlose Bereitstellung einer Reise oder eines Buches beeinflusst sein könnte, durchaus Vorschub leisten könnten. Manche Leute denken ja wirklich: „Oh, der Journalist hat die Reise kostenlos bekommen, der ist ja fürchterlich korrupt.“ Schleichwerbung ist es darum trotzdem nicht automatisch.
Die Wahrheit ist: Wer das zehnte Mal im Luxushotel untergebracht war, sehnt sich oft genug in das heimatliche Bett zurück, selbst wenn es nur die Palettenkonstruktion in einer Berliner Kohleofenheizungswohnung ist. Je öfter Sie Waren oder Reisen kostenlos erhalten, desto abgebrühter werden sie, beziehungsweise anspruchsvoller und zugleich kritischer gegenüber dem Einzelangebot. Für einen kritischen Journalismus ist es also im Prinzip sinnvoll, wenn die Journalisten mit solchen Angeboten zugeschüttet werden – und sie sie auch ohne Angst vor der Verfolgung durch Finanzbehörden wahrnehmen können. Für den Normalbürger ist das natürlich schwer zu verstehen. Aber ohne Kenntnis möglichst vieler Orte und Vorgänge ist kritischer Journalismus nun einmal nicht möglich, und wenn alle Bücher, Kinobesuche oder Reisen bezahlt oder versteuert werden müssten, würden Journalisten viel weniger Angebote wahrnehmen.
Daher ist es im Prinzip nicht einmal als finanzieller Vorteil zu bewerten, wenn ein Journalist eine Pressereise von vornherein in der Absicht antritt, nicht darüber berichten zu wollen, sondern die Reise zunächst nur wegen der Kostenfreiheit wahrnimmt. Am Ende des Tages wird sein Horizont erweitert, und ob seine Erfahrungen auf der Reise nicht doch – und sei es im Rahmen eines ganz anderen Reiseberichts – irgendwo mittelbar zur Sprache kommen, ist ohnehin offen und gar nicht auszuschließen.
Anbieter von Pressereisen setzen durchaus auf diesen mittelbaren Effekt und sehen es daher gar nicht so dramatisch, wenn ein Journalist kein konkretes Berichterstattungsinteresse oder irgendeinen Abnehmer nennen kann oder will, zumal sie schon durch ihr Programm dafür sorgen, dass es keine reine Vergnügungsreise wird. Und selbst wenn es einmal tatsächlich vom Programm beziehungsweise wegen dessen Fehlens eine komplette Vergnügungsreise wäre, bleibt es dabei, dass ein hauptberuflicher Journalist im Regelfall immer „im Dienst“ ist und sich mitunter selbst bei fehlender Berichterstattungsabsicht doch wieder dazu hinreißen lässt, über die Reise zu schreiben, wenn er einen erwähnenswerten Vorgang oder Ort bemerken würde.
Wer Wert auf Transparenz legt, könnte natürlich die Finanzierung von besprochenen Waren oder Reisen erwähnen. Die Frage ist natürlich, ob das nach dem zehnten Hinweis noch jemanden wirklich interessiert – also ob nicht ein einmaliger klarstellender Hinweis im Impressum genügen würde:
„Besprochene Dienstleistungen und Waren sind regelmäßig von deren Anbietern kostenlos zur Verfügung gestellt worden.“
Gleichwohl wäre es eine hübsche Idee, einen Blog aufzubauen, indem die kuriosesten Warenzusendungen und seltsamsten Reiseangebote mit Angeboten für Schleichwerbung aufgespießt werden, und natürlich auch die sicherlich ab und zu vorkommenden Mails oder Anrufe, mit denen irgendwelche Firmen oder Interessenvertreter vielleicht doch versuchen, eine positive Berichterstattung zu erreichen. Der Pressesprecher einer Bank erzählte einmal, es sei bei einer Bilanzpressekonferenz für jeden Journalisten ein Miniaturgoldbarren am Platz ausgelegt worden. Wohlgemerkt aus echtem Gold. Nicht zur Bestechung, sondern als kleine Aufmerksamkeit, für die Bank waren es wohl nur „Peanuts“.
Als die Journalisten die Goldbarren auf den Plätzen bemerkten, brachten sie gegenüber dem Veranstalter lautstark ihre Empörung über diesen aus ihrer Sicht vorliegenden Korruptionsversuch zum Ausdruck. Nachdem die Veranstaltung nun vorbei war und der Bankvertreter die Goldbarren schuldbewusst wieder einsammeln wollte, musste er bemerken, dass sämtliche Exemplare trotz des Protestes ausnahmslos von irgendjemandem mitgenommen worden waren. Da kann man sich fragen, wer bei der Aktion am Ende der Dumme war – einiges spricht dafür, dass es die Bank war. Die meisten Journalisten sind in der Lage, solche Versuche zu erkennen, mit denen ihre Gunst erkauft werden soll, und das geht dann meist nach hinten los. Sie nutzen das Angebot, aber registrieren genau, wenn es plumpe Versuche der Beeinflussung gibt. Trotz finanzieller Investitionen hat der Anbieter dann unter Umständen sogar einen Imageschaden bei den Journalisten.
Wo es vielleicht tatsächlich zu Problemen kommen kann, sind weniger hauptberufliche Journalisten als Nebenberufler. Leute, die vielleicht aus Hobbygründen schreiben oder bloggen, die nur selten durch die Welt kommen und glauben, sich für kostenlose Angebote bedanken zu müssen. Aber auch hier gilt: Je öfter diese Personen zu solchen Ereignissen durch die Welt reisen, desto wählerischer und damit kritischer werden sie. Hauptberufliche Blogger sind dann oft genauso so kritisch eingestellt wie die meisten Journalisten.
Natürlich gibt es in jedem Beruf schwarze Schafe, die diese Distanz nicht entwickeln wollen oder können. Die sich mit ihren Beiträgen dann wirklich bei den Firmen für Waren oder Dienstleistungen bedanken wollen. Da kann es dann zu Schleichwerbung kommen. Es ist dann gut, wenn Kollegen sich kritisch mit solchen Beiträgen befassen und diese kritisch hinterfragen, mit Beschwerden beim Presserat oder auch beim Werberat.
BloggerCircle oder Blogfoster sind nur zwei Agenturen, die es Bloggern ermöglichen, ihren Blog mit Sponsored Posts und ähnlichem zu vermarkten. Wie sieht es aus, wenn ich ein Produkt über eine solche Plattform beziehe – und niemand von mir per Mail, Vertrag oder am Telefon fordert, dass ich ihn kennzeichnen soll? Oder wenn ich sogar aufgefordert werde, ihn nicht zu kennzeichnen? Ist das dann Schleichwerbung?
In den Geschäftsbedingungen von solchen Anbietern steht in der Regel, dass Sponsored Posts als Werbung zu kennzeichnen sind. Denn der Sponsored Post ist presserechtlich, werberechtlich und nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb unzulässig, wenn er nicht eindeutig und in nicht zu übersehender Weise als Werbung gekennzeichnet ist, und in klarer Weise vom normalen redaktionellen Inhalt abgegrenzt ist. Blogger sollten sich also unbedingt an die Grundsätze halten, dass solche Postings vom normalen redaktionellen Inhalt klar abgegrenzt und als Werbung erkennbar sein müssen.
Beim Anbieter blogfoster wird die Pflicht zur Kennzeichnung der Inhalte interessanterweise nicht den Bloggern übertragen, sondern denjenigen, von denen die Werbung geschaltet wird. So steht in den blogfoster Geschäftsbedingungen Advertiser (Werbekunden):
5.3 Die eingestellten Inhalte müssen als kommerzieller Inhalt erkennbar gestaltet sein. Ggf. darf blogfoster die Werbemittel nach eigenem Ermessen mit dem Wort „Anzeige“ als solche kenntlich machen. Die Werbemittel dürfen keine irreführenden, übertriebenen oder nicht nachprüfbaren Behauptungen enthalten. Dazu gehören insbesondere unzutreffende Behauptungen zu Preisen, Ermäßigungen, Gratisangebote und zur Verfügbarkeit von Leistungen bzw. Produkten. Die Anzeigen dürfen auch keine übermäßigen Hervorhebungen und Wiederholungen, keine übertriebene Großschreibung oder wiederholte Satzzeichen enthalten (wie z.B. „billig!!!“ oder „kaufen, kaufen, kaufen“). blogfoster schuldet keine rechtliche Prüfung des vom ADVERTISER überlassenen Contents.
Hier besteht das Risiko, dass der Werbekunde die Kennzeichnung nicht vornimmt oder die Inhalte rechtswidrig gestaltet. Ein Blogger kann sich dadurch selbst haftbar machen, sollte also am besten solche Felder seinerseits als „Anzeige/Werbung“ kennzeichnen und die Inhalte regelmäßig überprüfen, um Abmahnung anderer Firmen oder sogar Schadensersatzansprüche zu vermeiden.
Nun zur Frage, was gilt, wenn niemand etwas konkret fordert: Beim Sponsored Post wird wohl im Regelfall die Übernahme eines ganzen Beitrags erwartet. So regeln es beispielsweise die Geschäftsbedingungen von blogfoster. Wenn es dagegen – was selten vorkommen dürfte – überhaupt keine inhaltlichen Vorgaben geben sollte und der Journalist/Blogger einen eigenständigen Beitrag verfassen kann, wäre es Frage des Einzelfalls, ob eine Kennzeichnung als Werbung verpflichtend wäre. Wenn es sich zweifelsfrei um eine journalistische, kritische Besprechung handelt, am besten unter Berücksichtigung anderer Produkte oder Dienstleistungen, wäre die Veröffentlichung durchaus auch im redaktionellen Teil denkbar. Hier kommt es aber immer auf den Einzelfall an.
Und wie sieht es steuerlich aus, wenn ich Produkte überlassen bekomme?
Fälle, in denen sich Journalisten dazu verpflichten, gegen Lieferung eines Produktes oder für eine Dienstleistung ohne Kennzeichnung als Werbung/PR im redaktionellen Teil positiv zu berichten, sind der DJV-Geschäftsstelle in dieser Form nicht bekannt. Das würde auch gegen die Berufsethik sowie gesetzliche Vorschriften wie das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstoßen. Natürlich gibt es im Journalismus wie in jedem Beruf schwarze Schafe, aber für die geben wir keine Steuertipps.
Was es gibt: Journalisten bekommen Produkte oder Dienstleistungen wie etwa Zugang zu Theater-/Kinoveranstaltungen oder Pressereisen kostenlos, weil die Anbieter sich einen positiven Effekt versprechen. Im besten Fall eine positive Besprechung – zynisch-gewiefte Vermarkter glauben aber sogar daran, dass selbst noch ein Verriss eines Produktes absatzfördernde Effekte hat. Das heißt, auf die positive Besprechung kommt es manchen Anbietern gar nicht an.
Ein Steuerberater, der einen ganz normalen Selbständigen berät, würde zur kostenlosen Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen vermutlich spontan sagen:
„Die kostenlose Entgegennahme müsste als Betriebseinnahme verbucht werden und könnte abhängig vom Volumen dieser Geschäfte sogar zur Einstufung der Tätigkeit als gewerbesteuerpflichtig führen. Was den Wert angeht, würde das Finanzamt im Zweifel eine Schätzung vornehmen, die sich am Marktpreis für die jeweilige Saison orientiert. Außerdem ist Umsatzsteuer zu zahlen. Eine Ausnahme gilt nur für Waren im Wert bis zu 10 Euro.“
Diese Grundsätze würden in der Tat auch für solche Personen gelten, die sich wie in der Fragestellung geschildert zur positiven Berichterstattung verpflichten würden, um dafür Waren und Dienstleistungen zu beziehen. Wir haben es bei unseren Mitgliedern aber mit Journalisten zu tun, und Besprechungsexemplare und Presseveranstaltungen können hier nicht einfach mit Geschenken für sonstige Selbständige oder Kostenvorteile getarnter PR-Schreiber gleichgesetzt werden. So wird bei hochwertigen Produkten wie beispielsweise Fahrzeugen oder Fernsehern nur mit Leihverträgen gearbeitet, das heißt, die Journalisten müssen die Exemplare wieder zurückgeben.
Man könnte hier also allenfalls an die Besteuerung der kostenlosen Nutzung denken. Nun ist es aber regelmäßig so, dass die Journalisten ohnehin ein Fahrzeug haben, dessen Kosten weiterlaufen. Außerdem müssen sie das geliehene Auto irgendwo unterstellen – eventuell sogar kostenpflichtig. Und wenn sie Profis sind, auch ausgiebig testen. Sie begeben sich also auf Fahrten, die sie sonst nicht unternommen hätten, geben Kosten für Benzin aus, das sie sonst nicht investiert hätten, verlieren wertvolle Arbeitszeit für die Testfahrten. Während dieser Testzeiten laufen ja die Betriebsausgaben für das Journalistenbüro weiter und andere Aufträge können nicht ausgeführt werden. Manche Hersteller verlangen auch, dass für die Dauer des Leihvertrags eine Geräteversicherung nachzuweisen ist, deren Kosten der Journalist zu tragen hat. Insofern ist schon fraglich, ob überhaupt ein privater Nutzungsvorteil vorhanden ist.
Das Finanzgericht Saarland hat 1994 entschieden, dass die Überlassung von Autos kein geldwerter Vorteil ist. Auch dann nicht, wenn es dem Tester freigestellt ist, seine Fahrstrecke so zu wählen, dass er gelegentlich der Testfahrten private Besorgungen erledigen kann (Finanzgericht Saarland, 1 K 76/93 in EFG 1994, 962). Begründung: Der zu erstellende Testbericht setzt nämlich voraus, dass der Wagen im Alltagsbetrieb getestet wird.
Beim Fernsehgerät ist es noch deutlicher: Wer würde ernsthaft im Dreimonatszeitraum von Testgerät zu Testgerät springen wollen? Natürlich hat fast jeder Journalist trotz Teststellungen seinen eigenen Fernseher, schon weil heutzutage die Programmierung komplexer Multimediageräte ganze Tage in Anspruch nehmen kann. Niemand würde ernsthaft auf ein eigenes Gerät verzichten, um dann ständig Neueinstellungen von Sendern oder Frequenzen auf Testgeräten vorzunehmen. Und für die wenigen, die es tatsächlich als Privatgerät nutzen, gilt der erwähnte Grundsatz des Finanzgerichts Saarland – ein Journalist soll ja bei Tests in der Regel gerade auch den Alltagsbetrieb testen.
Kommen wir zu etwas „banaleren“ Produkten wie die Edelstahlpfanne oder das neue Buch von Martin Walser. Hier kann es sein, dass der Pfannenproduzent oder der Walser-Verlag bei der – oft genug unbestellten – Zusendung keinerlei Angaben dazu macht, ob das Produkt nach dem Test zurückgeschickt werden muss. Handelt es sich um einen Leihvertrag? Handelt es sich um ein Geschenk? Das wird im Regelfall nicht mitgeteilt worden sein, es dürfte aber klar sein, dass der Verlag gar nicht einen geldwerten Vorteil des Journalisten herbeiführen möchte, sondern vor allem die Besprechung des Buches bewirken will.
Für den Journalisten ist die Lektüre eines Buches, das in seinem Fachgebiet, und sei es die schöne Literatur, dann vor allem eins: Arbeit. Der normale Bürger und ein schlichter Finanzbeamter mögen sich das vielleicht nicht vorstellen können, aber ein Fachautor liest ein Buch anders als der Privatleser, und die ungeheure Menge an aufgetürmten, noch ungelesenen Rezensionsexemplaren führt dazu, dass die Lektüre auch unter Zeitdruck erfolgt, also wenig entspannend wirkt. Man kann die Situation mit den Test-Essern bei Tiefkühlkostherstellern wie Apetito oder Bofrost vergleichen: Für sie ist das Testen der Tiefkühlware eine Arbeit, obwohl der Normalbürger für die Produkte Geld zahlen muss und sie zum Zwecke des Magenwohls verspeist. Mithin: kein Geschenk, sondern Arbeit.
Allerdings ist auch die weitere Verwendung des Produkts durch den Journalisten in keiner Weise klar. Es mag sein, dass der Journalist das zugesandte Testexemplar bespricht. Aber es ist auch möglich, dass es dazu mangels Zeit oder mangels Abnehmern des Beitrags nicht kommt. Es kann auch sein, dass der Journalist auf andere Testexemplare wartet, um eine Sammelbesprechung vorzunehmen. Es kann sein, dass er es nach dem ersten Satz zur Seite legt, aber dennoch behält, weil es irgendwann – und sei es das Ableben des Autoren – einen Anlass zur Besprechung geben könnte, und sei es nur die Einleitung des Nachrufes mit dem Satz: „In seinem letzten Buch war bereits der erste Satz unlesbar.“
Die Tatsache, dass ein Journalist ein Testexemplar behält, kann auch andere Gründe als die der persönlichen Nutzung haben. Beispielsweise könnte der Journalist das Buch behalten, weil er zwar eine Besprechung vorgenommen hat, aber für den Fall, dass es weitere Anfragen für vertiefte Bewertungen gibt, das Exemplar im Hause haben möchte. Vielleicht auch, weil es Kritik an der Rezension geben könnte und das Produkt daher zum Beweis getätigter Aussagen zur Verfügung bleiben muss. Insofern könnte man die Übersendung von Testexemplaren auch als Angebot eines unbefristeten Leihvertrags interpretieren, der vom Empfänger nach eigenem Ermessen gekündigt werden kann. Ob der Anbieter das Produkt überhaupt zurücknehmen würde, wäre dann die nächste Frage. Eine benutzte Pfanne oder ein gelesener Walser können sich von den Herstellern in der Regel nicht mehr verwenden lassen, nicht einmal als – erneutes – Rezensionsexemplar. Wer nun trotzdem wegen der Rücksendung anfragt, dürfte vielleicht sogar mit der lapidaren Reaktion zu rechnen haben, das Produkt einfach zu entsorgen, da das für alle Beteiligten billiger sei.
Es wäre auch falsch, die Zusendung eines Testexemplars automatisch als Vorteil einzustufen. Zunächst einmal besteht für Fachjournalisten tatsächlich das Problem, die oft genug ungefragt zugesandten oder zumindest aufgedrängten Testexemplare unterzubringen. So manches Bücherregel von Publizisten biegt sich vor der Bücherlast, Dienst- und Privaträume und sogar der Keller sind vollgestopft, und wer Küchenprodukte testet, braucht zusätzliche Räume, um die nützlichen, aber platzraubenden Küchenhelfer aufzubauen oder zu lagern.
Nach der Rechtsprechung gilt übrigens bei der Zusendung unbestellter Gegenstände keine Pflicht zur Rücksendung und auch nicht zur Aufbewahrung. Wer Besprechungsexemplare daher einfach so ins Haus bekommt, kann sie auch direkt wegwerfen. Auch das spricht dagegen, dass die Zusendung von Testprodukten automatisch als Betriebseinnahme zu werten wäre. Die Situation ist noch einmal besonders, wenn die Besprechungsexemplare zunächst an den Auftraggeber des Journalisten gegangen sind und dieser sie an den freien Journalisten weitergegeben hat. Nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin gehört das Besprechungsexemplar im Zweifel dem Verlag und ist diesem nach Beendigung der Zusammenarbeit im Zweifel zurückzugeben. Insofern hätte der Journalist in dieser Konstellation definitiv gar keinen Vorteil erhalten.
Die entsprechenden Überlegungen dürften auch für Presseveranstaltungen gelten. Für den Normalbürger erscheint die kostenlose Reise durch alle Welt als enormer Vorteil. Ein Steuerberater ohne Bezug zum Journalismus würde entsprechend zur Berücksichtigung des Werts der kostenlosen Reise bei Einkommen- und Umsatzsteuer raten. Wenn wir uns der Frage aber mit Branchenkenntnis nähern, wissen wir, dass Pressereisen meist nicht einmal vergnügungssteuerpflichtig sind.
Der Anbieter will die Presse mit seinem örtlichen Angebot bekannt machen und stellt oft genug ein Programm auf, das starre Stundenpläne aufweist und den Besuch von allerlei Vorträgen oder betreuten Führungen aufweist, die niemand im Urlaub anhören würde. Die Reise findet zudem zusammen mit anderen – meist vorher nicht bekannten – Journalisten und sonstigen vom Anbieter ausgesuchten Personen statt, beispielsweise Vertriebskräften aus Reisekonzernen. Sie alle müssen nicht unbedingt die angenehmsten Zeitgenossen sein, gerade wenn sie statt gemütlich wie Urlauber Smalltalk zu schwätzen, ständig von der journalistischen oder vertriebsbezogenen Arbeit reden oder sie sogar vor Ort erledigen, etwa die gesamte Reisegruppe ständig fotografisch oder filmisch erfassen. Vor der Reise, während und nach der Reise kommt es zudem – ob die Journalisten es wollen oder nicht – immer wieder zu höflichen oder auch etwas unhöflicheren Nachfragen, wie es denn mit einem Bericht über das Thema stehe und dass man sich freue, wenn ein eventueller Text oder Fotos zur Kenntnis übersandt werden könnten. Denn die Veranstalter der Pressereisen sind oft selbst Journalisten- oder PR-Büros, die ihrerseits Nachweispflichten haben.
Ist der Umstand, dass ein Journalist nach einer Pressereise keinen Bericht veröffentlicht, ein Beweis dafür, dass die Reise nicht aus beruflichen Gründen erfolgte? Das wird pauschal nicht zu sagen sein, denn Journalisten können nun einmal oft genug keine Abnehmer für ihre Beiträge finden, oder es mag sein, dass die Destination einfach keiner Rede wert ist. Vielleicht sieht der Journalist seine Reise auch nur als Teil einer erst viel später geplanten Publikation.
Kann anderes gelten, wenn der Journalist mit der ganzen Familie auf Pressereise geht?
Auch hier wird der Normalbürger wieder Korruption wittern, während für den Anbieter der Pressereise der Besuch einer durch eine Vielzahl kostenloser Reisen komplett versnobten Journalistenfamilie zum Bewertungshorror werden kann. „In dieser Skiregion gibt es aber nur einen kleinen Baby-Skilift“, beklagt sich der verwöhnte Filius vehement, und der Vater vermerkt die Kritik gewissenhaft in seinem Bericht. Die Mitnahme der Familie kann also tatsächlich beruflich notwendig sein. Das Finanzamt wird kaum verlangen können, dass Journalisten sich zum Testen von Familienurlauben externe Kinder oder Partner/innen anmieten – natürlich sollten sie mit den eigenen Familienangehörigen arbeiten dürfen, ganz nach dem Urteil des oben erwähnten Finanzgerichts Saarland: Der Journalist soll ja in der Regel den Alltagsbetrieb eines Anbieters testen, und das geht am besten mit vertrauten Personen. Das Finanzgericht Köln hat zudem bereits 1987 festgestellt (1K 346/85), dass der kostenlose Flugtransport anlässlich einer Pressereise keine objektive Bereicherung darstelle.
Natürlich ist nicht auszuschließen, dass Journalisten an Finanzämter oder Finanzgerichte geraten, die keinen Unterschied zwischen normalen Selbständigen und Journalisten machen. Denen empfehlen wir natürlich den Rechtsschutz des DJV in Anspruch zu nehmen und auf die oben ausgeführten Grundsätze zu verweisen. Hinweise zu diesen Urteilen und weiteren Fragen finden sich in den „DJV-Steuertipps für Journalisten“, die Anfang 2016 in überarbeiteter Fassung erschienen sind und über djv.de/shop bestellt werden können.
Übrigens, was die oben erwähnten Miniatur-Goldbarren angeht: Diese wären sicherlich ohne Zweifel als Geschenk zu versteuern, denn deren Verteilung war natürlich nicht zur Rezension der Goldqualität gedacht, sondern eben als „Aufmerksamkeit“. Die Frage ist natürlich, wie oft so etwas heute noch vorkommt.
Was ich an Input zum Thema Schleichwerbung von der Republica mitgebracht habe
Außerdem war ich auf der Republica im Vortrag von Thomas Schwenke, der sich mit dem Thema Schleichwerbung befasst hat. Meine Erkenntnisse aus seinem Vortrag als Übersicht:
- Schleichwerbung ist Betrug am Verbraucher.
- Blogs gelten als neutral. Wer Geld für eine Präsentation bekommt, ist jedoch nicht mehr neutral, sondern ein Werber. Das gilt auch, wenn man eine Einladung zu einer Reise bekommt oder ein Produkt. Die Kennzeichnung als Werbung oder Produktplatzierung sollte im Vertrag festgehalten sein. Ohne Vertrag oder entsprechende Absprachen geht es eher um Productplacement. Im Fernsehen wird eine Kennzeichnung dann notwendig, wenn ein bedeutender Wert erreicht wurde, nämlich ab 1000 Euro.
- Agenturen wollen Influencer häufig per Vertrag dazu anhalten, positiv zu berichten und nicht zu kennzeichnen. Solche Verträge sind jedoch illegal.
- „Sponsored by“ ist als Kennzeichnung nicht ausreichend. Besser: „gesponsort von“. „Unterstützt von“ reicht, wenn nichts vertraglich festgehalten wurde.
- Affiliate Links müssen gekennzeichnet sein, ein Mouse over reicht nicht aus. Die Rede ist hier vom „Werbelink“.
Mehr zum Thema Recht im Podcast rechtsbelehrung.com.
Übrigens: Bloggen und Journalismus, wächst immer weiter zusammen. Das aktuellste Beispiel dafür ist der Anfang des Monats in München gegründete Bloggerclub e.V., Partner des Presseclub München e.V., und mit einem Bloggerkodex.