Michael Koretzky an der UofM
Michael Koretzky an der UofM

Er scheint der Robin Hood der Journalisten zu sein: Michael Koretzky. Der Kollege aus Florida erzählte gestern bei seinem Vortrag beim 31. Kongress der Informationsfreiheit an der University of Memphis, wie er als Redakteur dem Verleger die Texte der Freien vorenthielt, um diesen dazu zu bewegen, nach drei Monaten endlich einmal die Rechnungen zu bezahlen. Das kostete ihn seinen Job – nicht zum ersten Mal. Mehrmals wurde er entlassen, weil er zu kritisch war, sich für Kollegen einsetze. Seine Geschichten machten ihn bei den Studenten zum Rockstar.

Nach dem Vortrag saß er mit gekreuzten Beinen und einem leicht abgeänderten Che Guevara-T-Shirt auf der Bühne, umringt vom Nachwuchs, die ihm seine Informationsblätter und Visitenkarten förmlich aus den Händen rissen. Die Journalismus-Dozeneten standen derweil im Kreis im Foyer und diskutierten seine Rede, und wie man die Lehre verbessern könne. Danach stand socialising an, Kontaktpflege. Dazu fuhren mehrere Autos voll mit Dozenten und Studenten und natürlich dem Redner selbst in die Innenstadt. Da Koretzky lange geredet hatte, und die Fahrt etwa 20 bis 30 Minuten dauert, war es halb neun, als in der Beale Street das echte Südstaaten-Essen geordert wurde: Spare-Ribbs und Bier. Während des Essens tauschte man sich aus – durchaus über Privates: „Meine Mutter ist in Gießen geboren. Ich war nur als Kind einmal da.“ – „Ich habe in Freiburg in den 70ern studiert. Das war eine gute Zeit.“ Kaum ist die Rechnung bezahlt springen alle auf – weiter geht’s auf ein Bier in einen der vielen Clubs. Live-Music, Menschengedränge, Party am Mittwochabend.

Socialising und Kontaktpflege gehören dazu

Socialising ist wichtig in den USA, das habe ich während meiner Zeit als Austauschdozentin schnell bemerkt. Selten habe ich so viele Hände geschüttelt wie hier. Ich denke, es waren mehr, als ich in Deutschland in einem Monat schüttle. Jeder Gang über den Campus wird mit Kontaktpflege verbunden: Lass uns bei ihm oder ihr schnell vorbeigehen. In der Regel sitzt man dann 20 Minuten zusammen, spricht über relevante oder irrelevante Dinge. Gerne erwähnen die US-Amerikaner auf welch verschlungenen Wegen sie mit Deutschland verbunden sind, manchmal stellen sie seltsame Fragen wie: „Gibt es in Deutschland Schlangen? Nein? Bären? Bist Du sicher, dass es keine Bären gibt?“.

Aber auch abends machen die Kollegen viel miteinander: hier ein Vortrag, da ein gemeinsames Dinner, und mir scheint, das wird auch erwartet. Bei den Vorträgen gibt es immer ein Buffet mit Fingerfood. „Viele unsere Studenten haben kein Geld. Ein Vortrag ist für sie eine gute Möglichkeit, kostenlos Essen zu bekommen“, erklärt mir Kollegin Sandy. Kleine Quiches, fettige Chips, etwas im Blätterteig, eine Bechamelsauce mit Kräutern, Hackbällchen, eine Gemüseplatte. Vom Gemüse bleibt meistens viel übrig.

UofM: Über eine Rede von Michael Koretzky und die Kontaktpflege
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