Ein Zaun: Es kommt immer auf den Blickwinkel an.
Wer festangestellt ist, hat möglicherweise mehr Sicherheit als ein Freiberufler. Der aber hat mehr Freiheiten.

Neulich habe ich Studierende in Onlinejournalismus unterrichtet. Acht junge Menschen saßen an den Tischen, Männer und Frauen. Ich fragte sie, wer nach dem Abschluss im kommenden Jahr frei arbeiten möchte. Es hat sich keiner gemeldet. Um die Situation zu verschlimmern: Als es um die Vorbereitung eines Gesprächs mit einer Kollegin ging, stellte einer der Studenten fest, dass diese früher festangestellt gewesen war. Entsetzt brachte er die Frage auf, warum sie nach einer Festanstellung in die Selbstständigkeit gegangen ist. Ich kann ihre Entscheidung gut nachvollziehen – heute. Denn nach 13 Jahren Selbstständigkeit will ich nicht in eine Festanstellung zurück. Nachdem ich Timo Stoppacher diese Geschichte erzählt hatte, kam er auf die Idee, eine Blogparade zum Thema zu veranstalten. Eine hervorragende Idee, wie ich finde. Und das ist mein Beitrag zu #darumfrei.

Gezwungenermaßen #darumfrei – und heute glücklich damit

Ich gebe zu, dass Selbstständigkeit für mich nie eine Alternative war: Ich wollte eine Festanstellung, gerne unbefristet. Meinen Abschluss an der Uni machte ich, als im Journalismus Goldgräberstimmung herrschte. Ich bekam eine Festanstellung bei einem Kooperationspartner des ZDF, mein Arbeitsplatz war in der WISO-Redaktion. Nachdem mir Mainz zu eng geworden war, landete ich in Köln, G+J hatte mir ein gutes Angebot gemacht. Die Arbeit in beiden Redaktionen war prima, ich hatte tolle Kollegen. Doch dann brachen die Börsenkurse ein und die New Economy war vorbei. Damit kam die erste Kündigungswelle, dann die zweite – und ich saß wie viele andere Kollegen auf der Straße. Festanstellungen gab es nicht, Führungspositionen noch weniger. Nun kann man als Journalist ja eigentlich nicht arbeitslos sein, denn veröffentlichen kann man im Internet überall, und eine Existenz ist schnell gegründet. Ich schrieb einen Business Plan, der DJV-NRW prüfte ihn und stempelte ihn ab, bei der Arbeitsagentur gab’s Überbrückungsgeld – und schon schrieb ich meine ersten Texte für Auftraggeber. Nach einem halben Jahr brauchte ich keine Unterstützung mehr vom Staat, ich lebte von meiner Freiberuflichkeit – und das gar nicht schlecht.

Große Themen: Freiheit und Sicherheit

Jetzt, nach 13 Jahren, will ich gar nicht mehr zurück in eine Festanstellung. Ich empfinde meine gut funktionierende Selbstständigkeit als deutlich sicherer als eine Festanstellung. Auch darum habe ich mich in den vergangenen Jahren nicht auf befristete Stellen beworben, die spannend klangen: Was, wenn die Zeit um ist? Ein Jahr Festanstellung in Berlin – und danach sind meine Kunden weg und ich fange wieder bei Null an? Nein, danke. In einer Festanstellung immer die gleichen Themen bearbeiten? An unnötigen Konferenzen teilnehmen? Mich nicht fortbilden dürfen, wie ich es für richtig finde? Urlaub nehmen, um zum Arzt oder zum Friseur zu gehen? Nein, danke.

Ich schätze die Freiheit der Selbstständigkeit. Zwar muss ich zu den Zeiten erreichbar sein, zu denen meine Kunden und Interviewpartner mich sprechen wollen. Aber eben nur in der Regel und nicht jeden Tag. Fange ich morgens früher oder später an, interessiert es niemanden. War ich den ganzen Tag privat unterwegs, kann ich auch noch um 19 Uhr Liegengebliebenes abarbeiten. Natürlich geht Freiheit zu Lasten der Sicherheit: Ich habe kein festes monatliches Gehalt, verdiene aber übers Jahr mehr als viele Festangestellte. Meine gesetzliche Rente wird nicht so hoch sein wie die der Festangestellten, aber da ich privat vorsorge, werde ich letztlich auch nicht deutlich weniger als sie zur Verfügung haben.

Spaß an Projekten: #darumfrei

Was mir an der Selbstständigkeit am wichtigsten ist, sind meine Projekte. Ich finde, nach 18 Jahren hauptberuflich im Journalismus kann man schon einmal den Spaß am eigentlich schönsten Beruf der Welt verlieren. Wäre ich in einer Redaktion verhaftet, wäre ich wahrscheinlich längst in eine 9to5-Mentalität verfallen oder in einen Zustand der inneren Kündigung. Als Freiberufler kann ich aber, sobald ich genügend Geld für den Monat verdient habe, die Projekte angehen, die mir Spaß machen. Darum war ich

  • 2012 als ehrenamtliche Reporterin fünf Wochen in Tansania. Und ich musste niemanden fragen, ob ich so lange wegbleiben kann.
  • 2013 war ich als Austauschdozentin an der University in Memphis – und auch dafür musste ich nicht zusätzlich unbezahlten Urlaub nehmen. Ich hab’s einfach gemacht.
  • 2014 habe ich ein Ladenlokal für zwei Monate gemietet und dort gearbeitet – einfach, weil ich Lust dazu hatte.
  • 2015 habe ich ein Foodblog eingerichtet. Zusätzlich zu diesem Blog, zu meinem Blog zusammen mit Timo auf Fit für Journalismus und zu meinem Blog über Reisen. Warum ich mir das antue? Weil ich mich dort journalistisch so austoben kann, wie ich möchte. Und ganz einfach weil es mir Spaß macht.

Langer Rede kurzer Sinn: Meine Selbstständigkeit gibt mir den Raum, mich beruflich so zu verwirklichen, wie ich es möchte. Und das macht mich glücklich: #darumfrei.

#darumfrei: Weil ich es mir wert bin
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3 Kommentare zu „#darumfrei: Weil ich es mir wert bin

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