Auf der Buchmesse in Frankfurt gibt’s – klar: Bücher. Aber längst nicht nur. Oder besser gesagt: längst nicht nur auf Papier gedruckt. Ich fahre im Gegenteil aus einem ganz anderen Grund gerne nach Frankfurt. Und zwar, weil dort regelmäßig viel über Digitalisierung gesprochen wird. Posts zur Buchmesse findet Ihr übrigens in den sozialen Medien unter #fbm17.
In diesem Jahr habe ich mir auf der #fbm17 drei Veranstaltungen dazu angehört:
Content Marketing fürs Bücherschreiben bei der #fbm17
Content Marketing war das Thema in der so genannten Self-Publishing Area, also dort, wo die Stände von Epubli, BoD oder Amazon sind. Dort, wo sich viele Menschen tummeln, die gerne Bücher im Selbstverlag herausbringen wollen – oder das bereits tun. Bei diesem Vortrag wurde zu Beginn gefragt, wer schon selbst ein Buch herausgebracht hat, und etwa drei Viertel der Anwesenden hoben den Arm. Inhaltlich ging es darum, wie man ein erfolgreiches Buch schreibt. Das Cover spielt eine Rolle, der Preis, ein positives Kommentarumfeld – und natürlich die richtige Zielgruppenansprache. Die, so hat sich gezeigt, funktioniert am besten, wenn man entweder ganz tief im Thema ist, oder selbst der Zielgruppe angehört, und deren Bedürfnisse kennt.
Ganz wichtig beim Content Marketing: sich an Diskussionen beteiligen. Also nicht einfach sagen: „ … und hier ist mein ganz tolles Buch“, sondern eine Geschichte drum herum erzählen. Da sind wir wieder beim Begriff des Storytelling. Interessant finde ich, welche Rolle das Community Management dabei spielt, und ich denke, da können wir Journalisten noch einiges lernen: Der Leser sucht eine Information – und findet sie beispielsweise in einem Forum, in dem der Autor postet. Das findet der Leser gut, er schaut jetzt öfter in dieses Forum. Der Autor beliefert das Forum regelmäßig und wird so als Experte wahrgenommen für dieses Thema. Nun will sich der Leser ausführlicher mit dem Thema auseinandersetzen, und beschließt, ein Buch zu kaufen. Im Buchhandel findet er ein Buch des Autors, der im Forum immer so kluge Antworten hat. Der Leser kauft sein Buch. Und bewertet es positiv. So zumindest die Theorie des Content Marketing.
Self-Branding bei einem Krimi-Autor auf der #fbm17
Self-Branding oder Personal Branding ist nicht neu, dazu habe ich schon vor Jahren Seminare gegeben. Richtig cool fand ich trotzdem das Autorengespräch dazu auf einer Bühne bei der Buchmesse. Dort saß nämlich Martin Krist. Martin Krist schreibt Krimis. Martin Krist ist aber nicht sein richtiger Name, es ist ein Pseudonym. Und das brauchte der Autor, weil er unter seinem echten Namen Ratgeberbücher schreibt. Und Erotikbücher schreibt er auch noch – unter einem weiteren Pseudonym. „Wer bin ich, und wenn ja wie viele“ passt auf ihn besonders gut, und beeindruckend finde ich, dass er alle drei Marken gleich stark bespielt.
Krist, ich bleibe bei diesem Namen, war früher übrigens Journalist, das macht ihn für mich noch interessanter. Und er nutzt zunehmend Instagram, um eine Markenbindung zum Publikum aufzubauen. Dort berichtet er von seinem Alltag als Autor, ab und zu mit einem Hauch Privatleben gewürzt. Facebook empfindet er als eingeschlafen und als Netzwerk für ein altes Publikum. Und Buchblogger sind ihm längst wichtiger als die seelenlose Rezension in der Tageszeitung, die ihm keine Leser bringt. Darum will er zu seinem neuen Buch, das im November herauskommen soll, auch eine Vorableseaktion mit Bloggern und eine Blogtour machen. Irgendwie ist es naheliegend, dass er mit dieser Einstellung den großen Verlagen bereits den Rücken zugekehrt hat: Sein neues Buch wird selbstverständlich im Self-Publishing herauskommen, denn nur so kann er wirklich selbstbestimmt publizieren, sagt er bei der #fbm17.
Künstliche Intelligenz und die Medien
Gleich vier Unternehmensvertreter sitzen bei einer Diskussionsrunde zur künstlichen Intelligenz auf der Bühne. Da ist zum Beispiel Springer Nature, ein Verlag, der mehr Gewinn mit digitalen als mit gedruckten Produkten macht, wie es auf der Buchmesse heißt. Besonders spannend: Keiner will mehr ein ganzes Buch lesen, um nur eine einzige Frage beantwortet zu bekommen. Darum, so heißt es, wird sich der Zugriff auf Informationen verändern: Wer eine konkrete Frage hat, will eine konkrete Antwort. Ob sie aus einem Buch oder einer Zeitung beantwortet wird, spielt keine Rolle. Im Umkehrschluss heißt das, dass Suchmaschinen letztlich intelligenter werden müssen, und aus Inhalten genau das herausfiltern können müssen, was der Nutzer wissen will. „Wir brauchen keine Suchmaschinen, sondern Antwortmaschinen“, ist darum eine logische Schlussfolgerung dieser Diskussion. Zitiert wird außerdem ein nicht namentlich genannter Wissenschaftler: „I’m searching to avoid reading“.
Auch von Microsoft Germany ist ein Vertreter da. KI, so sagt er, sei doch schon lange da. „Nehmen wir das Beispiel des Airbags. Er ist so trainiert, dass er in einer festgelegten Situation auslöst“. Nichts anderes sei die künstliche Intelligenz, allerdings werde die Zahl der Einsatzmöglichkeiten zunehmen – und ihre Bedienung über Sprache. Aber auch das hat Konsequenzen, für den Journalismus, die Art, Informationen zu konsumieren und für die Gesellschaft. Ein Beispiel? „Niemand sagt zu Alexa ‚Lies mir den Artikel aus der Welt von gestern zum Thema Jamaika-Koalition vor’. Vielmehr wird man sagen: ‚Alexa, was gibt’s Neues bei den Koalitionsverhandlungen?’“. Künstliche Intelligenz wird es möglich machen, die wichtigsten Informationen dazu zusammenzufassen und mitzuteilen – unabhängig von den Quellen. Das Nutzungsverhalten ändert sich also, schnell und immer schneller – und das wiederum verändert die Technologie in ebenfalls immer rasanterer Zeit.
Investiert doch bitte endlich!
Ein Vertreter der Firma App Factory hat bei der #fbm17 eine Botschaft für Lokalzeitungen: Beginnt endlich, mit Eurem Pfund zu wuchern! Konzentriert Euch auf lokale und regionale Informationen, denn dort könntet Ihr führend sein – wenn Ihr denn endlich investieren würdet. Außerdem seien videogetriebene Nachrichten immer wichtiger – und auch dazu muss man investieren. Und was viele noch nicht verstanden haben: Die sozialen Kanäle sind keine Linkschleudern. Es geht nicht darum, einen Inhalt überall identisch auszuspielen, sondern darum, die Medien mit originären Inhalten zu füllen, um die Marke zu transportieren. Wenn der Fernseher nicht mehr das Leitmedium ist, muss ein TV-Sender eben bei YouTube sein, um dort seine Zielgruppe zu erreichen. Das bedeutet aber auch: Medienhäuser brauchen Forschungsbudgets, um all dies umsetzen zu können, und auch, damit die Zukunft sie nicht komplett überholt.
Bei G+J scheint man das soweit verstanden zu haben, den so sagt die Vertreterin des Hamburger Verlagshauses: „Wir schauen uns alles an, was neu ist, und bewerten dann, ob es für uns relevant ist oder nicht.“
Übrigens bin ich auch bei einem Instawalk über die Gourmet Gallery mitgegangen. Das war sehr spannend, weil wir dabei viel über die kleinen Unternehmen erfahren haben, die sich dort präsentiert haben. Was ich dort erfahren habe, könnt Ihr auf Op jück nachlesen.
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