Es ist einige Jahre her, dass Klaus-Dieter Zentgraf von Wilhelmshorst nach Bad Belzig mit der Bahn fuhr. Damals fiel ihm auf, dass an der Strecke sechs Bahnhöfe hintereinander geschlossen waren, die Gebäude zerfielen und waren mit Graffiti besprüht. „Warum?“, fragte sich Zentgraf und ging der Sache mit seiner Kamera auf die Spur: Er reiste quer durch Brandenburg und fand heraus, dass von ehemals rund 12.500 Serviceangeboten nur noch rund 600 übrig sind. Als Serviceangebot definiert er Koffertransport, Fahrkartenschalter oder beispielsweise Bahnhofsgaststätten. Von den verbliebenen 600 Serviceangeboten sind 320 reine Haltestellen für die Züge. „Menschen arbeiten dort also nicht mehr“, sagt er.
Und genau das ist schade. Denn, so Klaus-Dieter Zentgraf, mit Bahnhöfen ohne Menschen sterbe ein Stück Kommunikationskultur. Ganz früher seien es Bauernhöfe gewesen, daraus wurden Post- und schließlich Bahnhöfe, an denen die Menschen zusammen kamen. Sein Wunsch ist dementsprechend, dass sich an der Situation etwas ändert, dass die Deutsche Bahn und die Politik eingreifen, um die Bahnhöfe und mit ihnen die Kommunikation an diesen Plätzen zu retten. „Natürlich gibt es Gemeinden, die die Bahnhofsgebäude anders nutzen als früher. Da sind Standesämter drin, Cafés oder Kulturhäuser. Das ist gut, aber damit habe ich nichts zu tun. Mein Ziel ist, dass 50 Prozent des dafür aufgewendeten Geldes an einigen der 320 Haltestellen genutzt wird, damit dort wieder Menschen arbeiten und kommuniziert werden kann. Dass man wenigstens alle 50 Kilometer einen Menschen fragen kann, wenn man Bahnangebote in Anspruch nehmen will.“
70.000 Fotos von Klaus-Dieter Zentgraf dokumentieren den Zerfall
Während seiner Reise durch Brandenburg hat Zentgraf gut 70.000 Fotos gemacht. Damit dokumentiert er die Situation der Brandenburger Bahnhöfe im demographischen Wandel. 2018 will er sein Projekt abschließen, dann soll ein etwa 600 Seiten starker Band herauskommen mit dem Titel „Analyse Kulturlandschaft Element Eisenbahn im Land Brandenburg“. Bis dahin wird er jedes Jahr am 1. Oktober einen dünneren Band veröffentlichen, 2016 soll es um die Streckennetze gehen, 2017 um das Themenfeld Mensch und Bahn. In diesem Jahr ging es um Güterbahnhöfe und 2014 gab es einen Band zu Personenbahnhöfen: Friedhof der 1000 Bahnhöfe. Zusätzlich zu seinen Büchern gibt es jährlich mit dem von ihm gegründeten Aktionsbündnis BB21 – Bahn in Brandenburg eine Konferenz zur Situation der Bahnhöfe in Brandenburg.
Mehr Informationen: www.bb21.eu