Zu vermieten
Zu vermieten – beispielsweise für die Unterbringung von Flüchtlingen

Die Bevölkerungsprognose der Bertelsmann-Stiftung verliert durch den konstanten Zuzug von Flüchtlingen an Bedeutung. Das Statistische Bundesamt meldete im September, dass die Bevölkerungszahl in Deutschland durch die Flüchtlinge wächst:

Im Jahr 2014 nahm nach vorläufigen Ergebnissen die Bevölkerungszahl Deutschlands im Vergleich zum Vorjahr um 430.000 Personen (+ 0,5 %) zu. Sie lag am Jahresende bei 81,2 Millionen Einwohnern. Dies ist der höchste Bevölkerungszuwachs seit 1992, der damals mit + 700.000 Personen deutlich höher gewesen war. 2013 hatte es einen Anstieg von 244.000 Personen (+ 0,3 %) gegeben. (…) In fast allen Bundesländern mit Ausnahme von Sachsen-Anhalt, Thüringen und dem Saarland nahm die Bevölkerungszahl zu.

Die größten Bevölkerungszuwächse gab es in den bevölkerungsreichsten Ländern Bayern (+ 87.000 Personen), Baden-Württemberg (+ 85.000) und Nordrhein-Westfalen (+ 66.000). Bezogen auf die dort lebende Bevölkerung gab es in Berlin (+ 1,4 %), Hamburg (+ 0,9 %), Baden-Württemberg und Hessen (jeweils + 0,8 %) die stärksten Zunahmen. (…) Der Ausländeranteil (Zahl der Ausländerinnen und Ausländer je 100 Einwohner) erhöhte sich von 8,7 im Jahr 2013 auf 9,3 im Jahr 2014.

Geflüchteten Menschen Wohnungen bieten

Flüchtlinge, die in Deutschland bleiben werden, können nicht ewig in Zeltstädten oder Wohnheimen leben. Im Gegenteil: Sie müssen in die Bevölkerung integriert werden. Hier liegt eine große Chance für Städte, Dörfer und Gemeinden, die der demographische Wandel trifft. Den dort gibt es viel Leerstand: „Laut Zensus 2011 stehen in Deutschland rund 1,7 Millionen Wohnungen leer“, sagt Reiner Braun, Geschäftsführer vom Empirica Institut. „Davon sind 1,1 Millionen Immobilien in Westdeutschland“. Durch die Flüchtlinge, so Braun, ergebe sich nun die Chance, die Leerstände in den Schrumpfungsregionen mit Leben zu füllen. In Schweden gibt es übrigens schon seit langer Zeit solche Projekte. Der Weltspiegel berichtete darüber.

Reiner Braun, Empirica Institut
Reiner Braun, Empirica Institut

Natürlich lässt sich einwenden, dass der Schrumpfungsprozess seine Gründe hat: Deutsche verlassen die Dörfer, weil dort Arbeitsplätze fehlen und die Infrastruktur oft nicht so gut ist wie in den Städten. „Aber“, wendet Reiner Braun ein, „erstens sind in allen ländlichen Räumen in den letzten Jahren zum Teil überproportional viele Arbeitsplätze neu entstanden. Auch in Ostdeutschland. Zweitens entstehen dort mittlerweile gerade wegen der Abwanderung erste Fachkräftemängel. Beispielsweise bei der ärztlichen Versorgung, der Altenpflege oder im Handwerk“. Drittens würde man Zeit und Geld sparen, wenn man preiswerte und leer stehende Wohnungen als Unterbringung von Flüchtlingen revitalisiere anstelle neue Wohnungen auf knappem und teurem Bauland neu zu errichten. Und: Dieser Wohnraum steht sofort zur Verfügung.

Kinder als Integrationsfaktor

Reiner Braun rät Städten und Gemeinden, die Leerstand haben, Schlüsselpersonen wie Ärzten, Krankenschwestern, Altenpflegern oder Handwerkern unter den Flüchtlingen anzubieten, sofort eine Wohnung, eine Arbeitserlaubnis und einen Deutschkurs zu bekommen. Für solche Integrationsprojekte geeignet sind aus seiner Sicht beispielsweise Wunsiedel (Bayern), Hersfeld-Rotenburg (Hessen), Pirmasens (Rheinland-Pfalz), Steinburg (Schleswig-Holstein) oder die Prignitz (Brandenburg) – und noch viele andere Städte und Dörfer.

„Besonders viel haben diese davon, wenn Familien mit jungen Kindern in die leerstehenden Immobilien ziehen. Denn Kinder sind ein Integrationsfaktor: Sie gehen zur Schule oder in den Fußballclub und sind so ständig im Kontakt mit der Bevölkerung. Das kann auch den Eltern helfen.“ Diese Forderung ist alleine darum realistisch, weil die Mehrheit der Flüchtlinge mit anderen Familienangehörigen unterwegs ist. Nach Empirica-Berechnungen sind es über 100.000 Menschen, das entspricht bei einem Vier-Personen-Haushalt etwa 26.000 Haushalten. Da weit über eine Million Immobilien leer stehen in ganz Deutschland, wäre die Unterbringung dieser Familien also kein Problem.

Und was haben Wohnungseigentümer von der Unterbringung von Flüchtlingen in ihren Immobilien?

Finden Flüchtlinge auf dem Land ein neues Zuhause, profitieren also alle davon: Die Betroffenen natürlich, aber auch die Gemeinden. Wo mehr Menschen leben, lohnt sich beispielsweise der öffentliche Nahverkehr oder die Eröffnung von Läden wieder. Und letztlich profitieren auch die Wohnungseigentümer: „Leerstand führt zu niedrigen Mieten. Wird der Leerstand verknappt, steigen die Mieten“, sagt Reiner Braun. Vermieter dürften sich darüber freuen. Und selbst die Städte, in denen Wohnraum knapp ist, profitieren davon, wenn Flüchtlinge auf dem Land angesiedelt werden: In ihrer Gegend blieben Grünflächen erhalten, weil sie nicht bebaut werden müssen, und die Mieten steigen dort nicht explosiv weiter, weil die Nachfrage nach Wohnraum umgelenkt wird.

Warum die Unterbringung von Flüchtlingen kein Problem sein sollte und wie vor allem der ländliche Raum davon profitieren kann

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