Auf dem Land gibt es immer mehr kleine Orte, in denen man nur noch schlafen kann. Bäcker, Metzger, Post, Bank, Supermarkt? Fehlanzeige. Für die Bewohner sind solche Dörfer nicht sehr attraktiv. So ist es kein Wunder, dass speziell die Jüngeren wegziehen. Doch dadurch beginnt eine Spirale aus Wegzug und immer weniger Infrastruktur – bis am Ende nichts mehr bleibt. Als Gegenbewegung werden immer mehr Dorfläden gegründet. Ich habe mich mit Oliver Stöhr von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Kassel-Marburg darüber unterhalten, was man beachten muss, wenn man einen Dorfladen gründen will.
Ein Dorfladen sichert die Nahversorgung
Nordhessen, so sagt mir Oliver Stöhr, sei sehr kleinteilig organisiert: „Es gibt dort viele Dörfer, etliche Mittelzentren, aber nur die zwei Oberzentren Kassel und Marburg.“ In den vergangenen Jahren habe man zwar große Supermärkte und Einkaufszentren auf der grünen Wiese errichtet, doch jetzt bemerke man, dass diese auf dem Land nicht funktionierten. Das hängt auch damit zusammen, dass ältere Menschen nicht mobil genug sind, um regelmäßig die oft langen Wege zurückzulegen. Darüberhinaus ist unter Umständen der öffentliche Personen-Nahverkehr eingeschränkt. Natürlich kann man Lebensmittel auch über das Internet bestellen. Spontane Lieferungen sind aber so nicht möglich: Wer samstags einen Kuchen backen möchte, muss das einige Tage früher planen, damit die notwendigen Lebensmittel am besagten Tag geliefert werden.
Die Folge: „Die Versorgung auf dem Land bricht zusammen“. Darum besinne man sich in Nordhessen wie vielerorts auf alte Werte. „In den vergangenen Jahren gab es eine vermehrte Tendenz dazu, Dorfläden zu gründen“, so Stöhr. Von einem Dorfladen spricht man häufig, wenn ein Geschäft bis rund 250 Quadratmeter Verkaufsfläche die Nahversorgung in einem Stadtteil oder auf dem Dorf sicherstellt. Dabei geht es allerdings in der Regel nicht nur um den Verkauf von Waren. „Im Dorfladen kann auch die Post integriert sein, eventuell ein Café, er ist ein Treffpunkt für das soziale Leben im Ort“, sagt Oliver Stöhr.
Wie man einen Dorfladen gründet
Soll es in einem Ort einen Dorfladen geben, so muss von Anfang an die Bevölkerung in die Planung einbezogen werden. „Der Dorfladen kann nur dann erfolgreich sein, wenn die Bewohner des Ortes sich daran beteiligen“, sagt Stöhr. Das beginnt beim Einkauf: Dort nur ab und zu einen Liter Milch zu kaufen, wird nicht ausreichen. Der Bevölkerung muss klar sein, dass der Dorfladen nur dann Bestand haben kann, wenn die Mehrheit dort ihren Wocheneinkauf tätigt.
Zwar gebe es noch Einzelunternehmer, die sich mit einem Laden selbstständig machten, weiß Stöhr. Allerdings sollte ihnen klar sein, dass sich das Geschäft wirtschaftlich in aller Regel nicht trägt. „Gewinn damit zu machen ist sehr schwierig“, sagt Oliver Stöhr. Darum sollte man in einem Dorf darüber nachdenken, einen Verein zu gründen, der den Laden betreibt. Das hat gleichzeitig den Vorteil, dass man mehrere Bürger für das Konzept begeistert und einbindet. Sie unterstützen diese Laden dann aus einem größeren, eigenen Interesse. „Auch als Genossenschaft kann man einen Dorfladen gründen“, sagt Stöhr. Theoretisch könnten sich auch einige Dorfbewohner zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, einer GbR zusammenschließen. Doch davon rät Stöhr ab:“Dann haften alle mit ihrem persönlichen Vermögen“. Geht also der Laden Pleite, trifft das jeden, der über die GbR beteiligt ist.
Wer einen Dorfladen gründen will, sollte sich darum zunächst Gedanken darüber machen, wie die Bürgerbeteiligung aussehen kann, und welche Rechtsform dem Ganzen zugrunde liegen soll. Dabei spielt natürlich auch eine Frage, wie aufwändig das ist, und mit welchen Kosten man rechnen muss. Eine Genossenschaft zu gründen, ist beispielsweise ziemlich aufwändig, wie die Geschichte des Gasthauses Krone in Unsleben zeigt. Antworten auf die Fragen rund um die Gründung eines Dorfladens bekommen Existenzgründungswillige übrigens bei der IHK: „Wir unterstützen mit Infomaterial und persönlichen Gesprächen auch diejenigen, die einen Dorfladen gründen wollen“, sagt Stöhr.