Unser Flieger mit dem ersten Ziel München startet verspätet, unser Gepäck hat einen Sticker „Hot“ bekommen, weil die Umsteigezeit in das Flugzeug nach Lissabon knapp bemessen ist. So knapp, dass wir uns sofort in die Boarding-Schlange für den zweiten Flug einreihen, als wir am entsprechenden Gate in München ankommen. Der Abflug nach Portugal verzögert sich jedoch, der Pilot rechnet mit heftigem Gegenwind. Folge: Wir kommen gut 40 Minuten zu spät in Lissabon an. Zu dieser Zeit sollte das Boarding für den Flug nach Madeira schon in vollem Gange sein. Doch unser letzter Flieger für diesen Tag wird mit gewaltiger Verspätung starten. Nach eineinhalb Stunden Flug sehen wir schließlich einen grünen Brocken im Wasser, Madeira. Auch der berühmt-berüchtigte Flughafen mit der Landebahn auf Pfählen, die eigentlich viel zu kurz ist, sehen wir. Wir rechnen mit der angekündigten scharfen Kurve nach rechts und freuen uns, gleich endlich den Mietwagen abzuholen und ins Hotel fahren zu können. Doch es kommt anders. Nach einigen Minuten knapp über dem Wasser steigen wir wieder. Kurz danach die Durchsage: Wegen des heftigen Sturmes konnten wir nicht landen, wir fliegen zurück nach Lissabon. Nun gut. Besser, als beim Versuch, zu landen, abzustürzen.

Keine weiteren Informationen

Als eine Flugbegleiterin durch den Gang geht, frage ich sie, was weiter passieren wird. Schnell bildet sich ein Pulk, weil alle auf Informationen warten, aber keine über den Lautsprecher kommen. Ihre Antwort:

Wir fliegen zurück, vielleicht probieren wir es heute Abend nochmals. Sonst morgen früh.

Ob es ein Hotel für die Nacht gibt, falls wir erst Sonntag fliegen, weiß sie nicht. Während des eineinhalbstündigen Fluges nach Lissabon gibt es Getränke nur auf Nachfrage in der Bordküche. Einen Snack wie beim Hinflug gibt es nicht. Kurz bevor wir landen, kommt eine Ansage, die nicht zur Situation passt: Man hoffe, dass wir den Flug genossen haben, wegen Anschlussflügen sollten wir zum Info-Schalter gehen. So werden wir aus dem Flieger entlassen. Ich frage wieder eine Flugbegleiterin: Und nun? Im Flughafen gebe es weitere Informationen, sagt sie.

Kommunikation: nicht begeisternd

Dort stehen tatsächlich zwei TAP Portugal-Mitarbeiter: Eine weitere Maschine versuche, um 19 Uhr auf Madeira zu landen. Dann würde man uns sagen, ob man einen zweiten Versuch am selben oder am nächsten Tag wagt. Es wird 19.15 Uhr, halb acht, acht. Auf der Internetseite des Flughafens Funchal sehen wir, dass einige Flugzeuge gelandet sind, andere nicht. Die TAP-Maschine wird für 19.05 Uhr erwartet, doch plötzlich gar nicht mehr. Wir schließen daraus, dass sie auf dem Rückweg nach Lissabon ist. Die Fluggesellschaft bestätigt uns das erst, als sie fast schon in Lissabon ist. Ich vermute, man will beide Maschinen gleichzeitig abfertigen, um Zeit und Geld zu sparen, und hält darum Informationen zurück. Am Flughafen bekommen wir keine Getränke und kein Essen – obwohl das das Gesetz vorsieht. Sitzend oder stehend warten wir, dass uns jemand sagt, wie es weitergeht.

Organisieren auf eigene Kosten

Wir rufen derweil auf eigene Kosten das Hotel an, sagen, dass wir wohl erst Sonntag kommen. Kein Problem, heißt es dort. Vom Mietwagenverleiher haben wir keine Telefonnummer, finden sie auch nicht im Netz. Wir telefonieren mit Expedia, eine nette Mitarbeiterin hat die Nummer auch nicht, hängt mich in die Warteschleife. Nach endlosen Minuten gibt sie mir eine 0180er-Nummer in Deutschland – es würde teuer, wenn ich dort vom Handy aus und aus dem Ausland anriefe. Darum lasse ich es. Zeitgleich kommt Bewegung in die Gruppe der gestrandeten Reisenden: Wir werden zu einem Busparkplatz gebracht, das Gepäck bleibt im Flughafen. Auf dem Weg zum Bus kommen wir an einem Mietwagenschalter vorbei, und sehen, dass er mit unserem Verleiher kooperiert. Wir fragen dort nach der Telefonnummer in Funchal, bekommen diese – aber erreichen dort niemanden.

Chaotischer Abend

Zwei TAP-Mitarbeiterinnen sammeln die alten Boardingpässe ein, schicken uns zu den Bussen. Ein erster Bus ist voll, ein zweiter, dritter, wir steigen ein. Eine Französin fordert lautstark, wir sollten uns entschuldigen, ich frage auf französisch, warum. Eine unverständliche Schimpftirade geht auf mich herab. Die Nerven liegen bei vielen blank. Im Hotel bekommen wir ein Raucherzimmer – uns fehlt die Energie, nach einem anderen zu fragen. Abgesehen davon ist die Chance für einen Wechsel gering: Das Hotel ist voll. Immerhin schafft die Küche es, uns um Viertel nach zehn ein Buffet anzubieten. Das Essen ist leider kalt, aber was soll’s? An der Rezeption sagt man uns, wir würden im Laufe des Abends noch eine Nachricht auf den Fernseher bekommen, wann uns der Bus am Sonntagmorgen abholen wird. Als wir gegen Mitternacht das Licht ausmachen, ist keine Nachricht da.

Chaotisch geht es weiter

Wir stellen den Wecker vorsorglich auf 6 Uhr. Um vier Uhr ist meine Nacht vorbei, ich kann nicht mehr schlafen. Ich schaue auf den Fernsehbildschirm: keine Informationen zu unserem Flug nach Funchal. Frisch geduscht, aber in der schon getragenen Kleidung stehen wir schließlich Viertel vor 7 an der Rezeption. „Der Bus?“, sagt der Hotelmitarbeiter, „ist der nicht noch da?“ – „Wieso ’noch da‘?“, frage ich. „Wann fährt er denn? Ich habe keine Nachricht auf den Fernseher bekommen.“ Der Hotelmitarbeiter rennt zur Tür, ich hinterher. „Wir bezahlen Ihnen ein Taxi!“, ruft er. „Haben Sie auch keinen Weckruf bekommen?“ – „Nein!“, sage ich. Er schaut so verzweifelt, wie ich mich fühle. „Unsere Software hat einen Fehler“, sagt er. „Und wir wissen nicht, welche Zimmer nicht über die Abfahrt informiert wurden.“ Er greift zum Telefon, unterbricht sich selbst: Wait, wait, wait! Hektisch durchsucht er seinen Computer: „Ihr Bus kommt erst um 12. Sie können noch eine Runde schlafen oder in 40 Minuten frühstücken.“ „In 40 Minuten?“, frage ich. „Ich dachte, Frühstück gibt es ab 7?“ Nein, sagt er. Wir setzen uns in die Lobby. 20 Minuten später kommt er zu uns, redet nun französisch mit uns: Er habe sich getäuscht, Frühstück gebe es bereits, wir könnten sofort Essen gehen. Das tun wir.

Endlich geht’s weiter

Die Busse bringen uns pünktlich zum Flughafen, doch dort sind wir auf uns alleine gestellt. Alle etwa 150 Passagiere stellen sich am Serviceschalter an. Die Mitarbeiterinnen schauen entsetzt. Irgendwann schreit jemand „Schalter 74“, und alle rennen los. Tatsächlich haben wir zehn Minuten später neue Boardingpässe und werden über die Fast Lane zum Gate gebracht. Mit knapp 30 Minuten Verspätung fliegen wir los, und alles wird gut: Wir landen, holen das Auto ab, fahren ins Hotel. Der Urlaub kann beginnen.

Noch wildere Erfahrungen

Andere haben wildere Erfahrungen gemacht: Passagiernamen verschwanden von Listen, so dass erst nach langen Verhandlungen neue Boardingpässe erstellt wurden. Andere Mitreisende waren erst nach Mitternacht im Hotel, weil lange keine Busse mehr kamen. Und manche bekamen nachts um drei einen Weckruf, dass ihr Bus gleich zum Flughafen fahre. Sie saßen dann aber doch erst mit uns im Flieger. Eine Gruppe Sportler flog drei Mal in zwei Tagen nach Funchal, bis sie schließlich landen konnten. Da hatten wir wirklich Glück.

P.S.: Wir haben elf Euro am Flughafen für Getränke und Essen ausgegeben und für rund vier Euro haben wir telefoniert. Diese 15 Euro könnten wir der TAP in Rechnung stellen. Wir beschließen aber, dass diese 15 Euro den Aufwand nicht wert sind.

Verbraucherrecht: Wenn der Flug in den Urlaub gestrichen wird oder Verspätung hat
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3 Kommentare zu „Verbraucherrecht: Wenn der Flug in den Urlaub gestrichen wird oder Verspätung hat

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