Weniger Anzeigen bringen manchmal mehr für die Glaubwürdigkeit

Es gibt Blogger, die nehmen jede Anzeige, jede Kooperationsanfrage an: Waschmittel, Kühlschrank, Berufsunfähigkeitsversicherung – egal, Hauptsache, es kommt Geld rein. Dass man sich dadurch zur PR-Hure von Unternehmen unter dem Deckmantel Influencer macht, spielt dann bei manchen keine Rolle. Glücklicherweise verdiene ich als freie Journalistin, Buchautorin und Trainerin so viel Geld, dass ich nicht jede Kooperation für meine Blogs annehmen muss. Denn Geld aus Anzeigen hat durchaus auch Haken.

Ich hatte in diesem Jahr zwei Fälle, in denen ich bewusst auf ein Honorar verzichtet habe:

Anzeige auf Fit für Journalismus zum Thema Berufsunfähigkeit

Mit Timo Stoppacher zusammen mache ich ja die Internetseite Fit für Journalismus. Wir haben eine sehr spitze Zielgruppe, und das ist für einige Unternehmen durchaus interessant. Kein Wunder also, dass wir dort immer wieder Angebote für Kooperationen angeboten bekommen. Viele erledigen sich von selbst, weil die Firmen wollen, dass man auf die Kennzeichnung als Werbung verzichtet und statt eines NoFollow- einen DoFollow-Link setzt. Für uns ist das eine Frage der Glaubwürdigkeit und der Seriosität. Darum beantworten wir solche Anfragen in der Regel erst gar nicht. In diesem Jahr hatten wir aber eine Anfrage von einer Versicherung, die zunächst gut klang. Da ich als Verbraucherjournalistin arbeite, und schon viel über Versicherungen geschrieben habe, war klar, dass ich den Beitrag schreiben würde – mit allen Vor- und Nachteilen, die eine solche Police bietet. So weit, so gut.

Die Kooperation ist trotzdem gescheitert: Wir haben zur Bedingung gemacht, dass wir als DJV-Mitglieder im Text auf den DJV-Versicherungsmakler Helge Kühl verweisen werden. Über ihn können Mitglieder von Gruppenverträgen profitieren. Er berücksichtigt nur Versicherungen, die „sowohl bei den Versicherungsbedingungen als auch bei den Antragsfragen die Höchstnote von 5 Sternen im Rating von Morgen&Morgen erhalten haben. Das entspricht in etwa dem Testurteil ‚sehr gut‘ der Zeitschrift Finanztest“.  Unsere Recherche hatte ergeben, dass die entsprechende Police diese Anforderung erfüllt. Trotzdem war das der Versicherung offensichtlich zu viel Objektivität in einem bezahlten Artikel. Sie meldete sich nicht mehr zurück.

Wir verzichten in einem solchen Fall lieber auf Geld. Denn ein solcher Beitrag ohne diesen Zusatz könnte unsere Glaubwürdigkeit beschädigen.

Geld aus Anzeigen auf Wirtschaft verstehen – auch zu einem randigen Thema?

Wirtschaft verstehen verzichtet komplett auf Werbebanner und Anzeigen. Zwar könnte man argumentieren, dass auch rund um Verbrauchersendungen und in Verbrauchermagazinen Werbung enthalten ist. Ich will das trotzdem nicht. Allerdings war, als ich ein Gespräch mit einer Agentur führte, noch gar nicht klar, dass der entsprechende Artikel auf Wirtschaft verstehen laufen könnte. Sonst wäre das Gespräch schneller beendet gewesen. Hintergrund: Die Agentur hatte mich zu einem kostenlosen Workshop eingeladen. Inhaltlich war das für mich durchaus interessant. Zum einen würde ich etwas lernen, zum anderen ließe sich daraus eventuell ein Artikel für Fit für Journalismus oder Op jück machen, in der besten aller Welten sogar für beide Blogs, wenn man den Fokus unterschiedlich setzt.

Ich hatte für mich überschlagen: Ein Workshop mit vier Stunden entspricht in etwa einem Preis von 300 Euro. Wenn ich im Nachgang einen Artikel aus der Sache machen kann, brauche ich zusätzlich zu den vier Stunden vor Ort etwa zwei weitere = sechs Stunden Aufwand à 85 Euro Stundenlohn = 510 Euro Aufwand auf meiner Seite. Im Pressekodex heißt es:

Journalisten nehmen daher keine Einladungen oder Geschenke an, deren Wert das im gesellschaftlichen Verkehr übliche und im Rahmen der beruflichen Tätigkeit notwendige Maß übersteigt.

Der Satz ist natürlich Auslegungssache. Ich kenne Kollegen, die nicht einmal einen Kugelschreiber von einer Konferenz mitnehmen dürfen. Für mich war die Annahme des kostenlosen Workshops ok, weil ich wusste, dass auf meiner Seite im Zweifel die Ausgaben höher sein würden.

Honorar gegen Textfreigabe

Nun bot mir die Agentur aber zusätzlich ein Honorar an. Und damit war bei mir die Grenze überschritten. Ich wollte nicht verpflichtet werden, über die Veranstaltung zu schreiben. Und ich fühlte mich dadurch – nun ja – ein bisschen bestochen. Besonders, als klar war, dass das Honorar auf jeden Fall höher als 150 Euro liegen würde. Denn das war die Summe, die sie mir als Aufwandsentschädigung anbot, nachdem ich erklärt hatte, dass ich kein Honorar wollte. Die Aufwandsentschädigung habe ich auch abgelehnt.

Und ich war so froh, darauf verzichtet zu haben! Denn alle anderen Workshopteilnehmer hatten das Honorar akzeptiert. Von ihnen erfuhr ich, dass sie ihre Texte freigeben lassen mussten. Und als ich mir im Nachgang die Texte ansah, bemerkte ich, dass die Agentur offensichtlich auch Einfluss auf die Überschriften genommen hatte – die waren nämlich alle sehr ähnlich. Sorry, da verzichte ich doch lieber auf mein Honorar, als dass ich mir diktieren lasse, was ich wie zu schreiben habe. Hätte ich dem Honorar zugestimmt, hätte ich allerdings spätestens nach Vorlage des Vertrags darauf verzichtet. Übrigens: Mindestens bei einer Workshopteilnehmerin ist dieser Blogbeitrag nicht als Werbung gekennzeichnet. Müsste er aber. Denn sobald man ein Honorar für einen Text bekommen hat, handelt es sich um Werbung, also in diesem Fall um Geld aus Anzeigen.

Eine Pfanne für rund 300 Euro

Etwas länger zurück liegt dieser Fall: Ich war von einem Hersteller von Kochgeschirr in ein Sternerestaurant in Düsseldorf zur Präsentation von Töpfen und Pfannen eingeladen. Das klang nach einem netten Thema für mein Reise- und Genussblog Op jück. Nach dem Essen, bei dem die Küche, wie ich aus Erfahrung weiß, lange nicht ihr Bestes gegeben hat, bekam ich zur Verabschiedung eine Pfanne in die Hand gedrückt.

Nun brauche ich erstens keine Pfanne, zweitens war sie schwer – und drittens war ich zu verdattert, um sie nicht anzunehmen. Also habe ich sie nach Köln geschleppt. Ich dachte, ich könnte ja wenigstens einmal versuchen, ob sie besser ist als meine Pfannen. Aus reiner Neugierde habe ich sie außerdem gegoogelt – und bin vor Entsetzen fast vom Stuhl gefallen, als ich sah, dass diese Pfanne 290 Euro kostet. Ein Essen im Sternerestaurant und ein Geschenk in dieser preislichen Höhe – geht gar nicht! Im Pressekodex heißt es dazu:

Schon der Anschein, die Entscheidungsfreiheit von Verlag und Redaktion könne beeinträchtigt werden, ist zu vermeiden.

Was also tun? Ich versteigerte die Pfanne bei Ebay. Den Erlös habe ich der Kölner Tafel gespendet. Die Spende habe ich nicht steuerlich geltend gemacht. Ich habe der Agentur geschrieben, dass ich mich durch dieses Geschenk beeinflusst fühle, und es darum versteigern werde. Und bin natürlich nie mehr zu ähnlichen Veranstaltungen eingeladen worden. Auch damit kann ich gut leben.

Geld aus Anzeigen und Kooperationen? Ja, aber …

Das klingt jetzt so, als ob ich nie bezahlte Kooperationen annehmen würde. Das stimmt nicht. Wir haben sowohl auf Fit für Journalismus als auch auf Op jück bezahlte Kooperationen. Sie sind als Anzeige gekennzeichnet. Und wir hatten inhaltlich überhaupt keine Vorgaben, was wir wie schreiben sollen. So kann es eben auch laufen. Und das ist in Ordnung.

Warum ich manchmal lieber auf Geld aus Anzeigen verzichte
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