Wir senden täglich im Radio und Fernsehen, wir veröffentlichen Artikel – immer wird dabei unser Name genannt. Und mit jeder Publikation werden wir ein Stück mehr zur Marke. Ich habe das lange nicht von mir geglaubt, bis ich vor drei Jahren in Mainz den Workshop Onlinejournalismus bei der Sommerakademie Verbraucherjournalismus leitete. Dort sprach mich eine Teilnehmerin aus dem Printkurs an:
„Sind Sie DIE Bettina Blaß aus Köln?“. Meine Antwort klang wahrscheinlich etwas irritiert, als ich das bejahte. Ich fühlte mich nicht wirklich wohl in meiner Haut. Die Dame erklärte ihren Kolleginnen, dass man mich in Köln und NRW aufgrund meiner vielen Artikel und Seminare kenne. Das schmeichelte mir zwar, trotzdem habe ich mich schnell zurückgezogen. Mir war die Situation unangenehm.
Eine Marke entsteht so oder so – aber man kann die Richtung vorgeben
Ich erzählte einem Kollegen davon, der lachend den entscheidenden Satz sagte: „Du bist zur Marke geworden!“. Verflucht. Wollte ich das? Nein, nicht primär. Ich will gute, journalistische Arbeit machen. Doch damit fängt es schon an: Ohne gute Arbeit ist kein Markenaufbau möglich. Und wer gute Arbeit leistet, feilt gleichzeitig an der eigenen Marke, ob er das will oder nicht.
Erstaunlicherweise höre ich immer wieder, Markenaufbau sei für Festangestellte nicht wichtig, das sei nur ein Thema für Freiberufler. Das ist meines Erachtens Quatsch. Schließlich trifft es den festangestellten Redakteur um ein Vielfaches heftiger, wenn er plötzlich entlassen wird, als den Freien, der einen von vielen Auftraggebern verliert. Der Freie steht dann mit noch ein bisschen da, der Festangestellte steht vor dem Nichts.
Markenaufbau im Netz
Das trifft zumindest die Kollegen, die im Netz nicht sichtbar sind. Denn zur Marke werden Journalisten nicht nur durch Hörfunk- und TV-Beiträge, nicht nur durch Artikel. Vielmehr wird der Markenaufbau praktischerweise unterstützt durch alles, was wir im Internet so machen. Zwar bewege ich mich dort nicht in erster Linie mit dem Vorsatz: Ich muss jetzt Markenaufbau betreiben. Feedly, Flipboard, Twitter, Facebook und Google+ nutze ich hauptsächlich, um mich zu informieren. Diese Instrumente filtern schließlich die tägliche Nachrichtenflut nach den Vorgaben, die ich gesetzt habe. Das erleichtert den Arbeitsalltag.
Doch in diesem Zusammenhang teile ich auch Informationen, ich retweete sie, ich like sie. Das wiederum formt das Bild, das andere von mir haben. Somit arbeitet automatisch am Markenaufbau, wer die sozialen Medien nutzt. Diesen Umstand können übrigens auch Festangestellte nutzen, die einen hundertprozentig sicheren Job haben. Denn wer eine hohe Zahl an Followern oder Fans hat, gilt als so genannter Influencer. Somit wird er interessant für andere Arbeitgeber, denen er vielleicht sogar mehr wert ist. Schließlich nimmt man bei einem Arbeitgeberwechsel seine Follower mit. Sie entfolgen einem selten, weil man seine guten Inhalte auf einer anderen Plattform veröffentlicht.
Fazit: Wer die sozialen Medien nutzt, schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: Er setzt effektive Filtermethoden ein, um die Informationsflut im Netz zu lenken – und er baut eine Marke auf. Wer sich den sozialen Medien konsequent verweigert, erschwert sich die Arbeit. Und nicht nur das: Wer die sozialen Medien nicht nutzt, arbeitet auch am Markenaufbau. Was er damit signalisiert ist, dass er sich nicht für soziale Medien interessiert – und somit auch nicht für die Entwicklung der Medienbranche.