Hast du schon einmal von einem ICO gehört? Davon spricht man in Anlehnung an einen IPO an der Börse, wenn ein neues Projekt in der Kryptowährungsszene bekannt gemacht wird. Beim Initial Coin Offering (ICO) ist aber einiges anders als beim IPO an der Börse. So ist der ICO nicht reguliert. Das heißt, jeder der ausreichend technisches Wissen hat, oder die richtigen Leute einkauft, kann ein solches ICO organisieren. Großer Vorteil: Damit lässt sich sehr schnell Geld machen. Und darum geht es im Buch Crypto Wars.
Ein ICO ist beispielsweise sehr praktisch für Start-ups, die bei Banken oft hart um ein Darlehen kämpfen müssen. Und es ist auch sehr praktisch für alle die, die darauf aus sind, schnell Geld mit Betrug zu machen. Tatsächlich, so schreibt es Erica Stanford in Crypto Wars, gingen die Betrügereien soweit, dass in den sozialen Medien vorgegeben wurde, dass hinter dem Projekt ein großes Team steht. In Realität hatten die Abzocker jedoch nur Fake Profile angelegt und teilweise sogar Fotos von Menschen benutzt, die nichts davon wussten, dass sie einem solchen Team angehören sollten. Das Buch hat mir der Börsenbuchverlag zur Rezension überlassen.
Crypto Wars meint eher: Betrug ist allgegenwärtig
Und es geht noch schlimmer. Manche Akteur*innen gaben nicht einmal vor, etwas Großes zu planen. Sie sagten vielmehr sehr deutlich auf ihren Internetseiten, dass man kein Geld mit ihrem ICO machen werde, dass die Rendite bei null Prozent läge oder dass sie auf ein Schneeballsystem setzen. Manche nannten ihre Kryptowährung auch Useless oder Scam Coin. Und trotzdem schmissen ihnen Investor*innen Geld in den Rachen.
Tipp: Crypto Wars weist auf eine Seite hin, auf der man sehen kann, welchen Stand manche Kryptowährungen aktuell haben.
Plexcoin, One Coin, BitConnect: Augen auf!
Die Autorin erzählt außerdem die Geschichte von Plexcoin. Aus dieser lässt sich ableiten, dass man vorsichtig sein sollte, wenn ein Unternehmen nicht sagen möchte, welche und wie viele Mitarbeiter*innen beschäftigt sind, wer seine Kooperationspartner*innen sind oder wie es seine Vorhaben umsetzen möchte. Vorsichtig sollte man auch sein, wenn ein ICO sein White Paper viel zu spät, also nach dem ICO veröffentlicht.

Und natürlich darf in einem Buch, in dem es um Abzocke mit Kryptowährungen geht, nicht One Coin außen vor gelassen werden. Die Kryptowährung ist vielleicht besser bekannt in Zusammenhang mit der Crypto Queen. Diese Frau mit einem Doktortitel schaffte es, aus heißer Luft sehr viel Geld zu machen. Sie wird seit vielen Jahren von den Behörden gesucht. Manche munkeln, dass sie sich einer plastischen Chirurgie unterzogen hat. Mit den vielen Millionen, die sie über One Coin verdient hat, wird sie sich vermutlich ein sorgenfreies Leben bis an ihr Ende irgendwo in einem guten Versteck leisten können.
Crypto Wars: Vorsicht vor hohen Renditeversprechen
Wie konnte One Coin so groß werden? Zum einen durch die Dummheit der Anleger*innen, zum anderen dadurch, dass von Anfang an professionelle Strukturvertriebler*innen eingestiegen sind in den Verkauf von One Coin. Entsprechend handelte es sich bei One Coin um ein verbotenes Schneeballsystem. Damit der Betrug möglichst lange unbemerkt blieb, und damit man möglichst vielen Menschen das Geld aus der Tasche ziehen konnte, hat man eine Art Produkt verkauft: Ein PDF, das den Kund*innen erklären sollte, wie sie reich werden könnten. Der Inhalt der PDFe war sehr wahrscheinlich von anderen Anlageberater*innen gestohlen.
Auch um den Betrug von BitConnect geht es in diesem Buch. Es ist unglaublich, dass Anleger*innen an Renditen von nahezu 50 Prozent glauben. Aber ja: Jede*r möchte gerne schnell reich werden. Da schalten viele den gesunden Menschenverstand aus. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Rolle von Influencern. Auf sie setzten einige Anbieter*innen von Kryptowährungen recht schnell. Schließlich sparten sie so Marketinggebühren. Die Influencer bekamen nämlich häufig einfach das Produkt an sich überlassen. Erzählten sie ihren Followern, wie reich man damit werden konnte, kauften diese die entsprechende Kryptowährung. Doch je mehr Follower sie kaufen, umso höher stieg deren Preis. Die Influencer verkauften die Coins nach und nach zu immer neuen Höchstständen. So waren sie am Ende reich, die Follower aber saßen auf ihren wertlosen Coins.
Nicht immer Betrug
Auch der Skandal um die kanadische Kryptobörse Quadriga bekommt Platz im Buch. Mich erinnert diese Geschichte sehr an den Roman Montecrypto von Tom Hillenbrand. Der ist zwar fiktional, aber sehr lesenswert.
Trotz dieser vielen Betrugsgeschichten in Crypto Wars sind übrigens auch manche Kryptos einfach daran gescheitert, dass die Köpfe dahinter den Überblick verloren und nicht organisieren konnten. Und selbst, wenn das gegeben ist, können Kryptowährungen abstürzen. Das sehe ich aktuell an meinem Kryptowährungskonto bei Bison. Mit einigen Währungenbin ich bei einem Minus von gut 80 Prozent. Das entspricht im Prinzip einem Totalverlust. Ob diese kleineren Kryptos sich je wieder erholen werden – wer weiß das schon?
Tipp: Bei ZDF Info gibt es eine gute Dokumentation zum Thema.
Mein Fazit: Das Buch ist sehr spannend. Man vergisst beim Lesen durchaus, dass alle diese Betrügereien tatsächlich so passiert sind. Allerdings weiß man nach dem dritten Beispiel auch, wie alle anderen laufen werden – mehr oder weniger. Aus meiner Sicht hätte das Buch gut ein Nutzwertkapitel vertragen, in dem die Autorin nochmals klar sagt, für wenn Kryptowährungen als Anlage gut sein können. Und worauf man achten sollte, um nicht komplett abgezockt zu werden.
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