Heißluftballon über Ehrenfeld
Heißluftballon über Ehrenfeld

Montagabend, mein Mann und ich stehen im Schlafzimmer im sechsten Stock eines Wohnhauses in Neuehrenfeld. Wir hören ein lautes und langes Pppppffffffffffffschhhhhh. Das Geräusch kennen wir von den Heißluftballons, die oft über unsere Wohnung hinwegfliegen: Kommt durch die Brennerflamme heiße Luft in den Ballon, gibt es dieses Geräusch. Allerdings haben wir es so laut noch nie gehört. Wir öffnen das Dachfenster und stehen auf Augenhöhe mit den Passagieren im Korb. Unsere Befürchtung: Sie bleiben am Haus hängen. Tatsächlich gelingt ihnen die Fahrt darüber. Der Ballon fährt Richtung Bahngleise, kommt wieder zurück und fährt erneut Richtung Bahngleise. Ich habe die Spiegelreflexkamera geholt und fotografiere jetzt aus dem Badezimmerfenster. Offensichtlich sinkt der Ballon irgendwo hinter den Bahngleisen. Aber wo? Weil ich neugierig bin, tweete ich die Fotos mit der entsprechenden Frage.

Wenn das Urheberrecht greift

Und schwups ist es am nächsten Tag auf der Seite des Kölner Stadtanzeigers, am Abend läuft es bei CenterTV in den Nachrichten. Natürlich können die Reporter der Medienhäuser nicht überall vor Ort sein – und schon gar nicht, wenn solch unvorhersehbare Dinge passieren. Ich finde es auch logisch und sogar gut, auf die Schnappschüsse von Bürgern zurückzugreifen. Aber dann sollte man diese doch zumindest um Erlaubnis fragen. Hätte man mich gefragt, hätte ich unter Umständen meine Einwilligung zur Nutzung gegeben – so wie viele andere Neuehrenfelder auch, deren Fotos jetzt mal mit, mal ohne und teilweise auch mit falscher Quellenagabe im Netz unterwegs sind. Ich habe auch volles Verständnis dafür, dass Privatpersonen oder kleine Unternehmen gegebenenfalls nicht wissen, dass sie gegen das Urheberrecht verstoßen, wenn sie Fotos aus dem Internet einfach so benutzen. Aber von Medienhäusern erwarte ich mehr Professionalität. Schließlich geht das Urheberrecht sie genau so an wie uns Freie. Und: Als selbstständige Journalistin lebe ich von Honoraren. Mögen sie für eine Fotoveröffentlichung im Internet auch gering sein. Und dass ich Journalistin bin, kann man meiner Bio bei Twitter sehr leicht entnehmen.

Das Medium Magazin spricht bei diesem Thema von einem „kalkulierten Risiko“. Klar: Viele Hobby-Fotografen wissen nicht, dass sie ein Urheberrecht am gemachten Foto haben, viele sehen das Bild auch gerne irgendwo veröffentlicht und nehmen dies als ihr Honorar. Möglicherweise versendet sich das veröffentlichte Foto auch einfach, ohne dass der Fotograf davon Kenntnis hatte. Dann hat man sich als Redaktion viel Zeit für Anrufe gespart, viele komplizierte Erklärungen und unter Umständen sogar eine Menge Geld. Da fällt es nicht so sehr ins Gewicht und ins Budget, wenn ab und zu jemand wie ich sagt: „So geht’s nicht!“.

Aber so geht’s halt wirklich nicht

Als Mitglied im DJV frage ich bei meinem Rechtsbeistand nach: Dürfen die das eigentlich? Antwort: Nein, sie dürfen das nicht. Und so geht die Geschichte dann weiter:

Update 10.33 Uhr: Der DJV hat sich gemeldet und mir Links zum Thema Honorare geschickt. Die Kollegen sagen, ich solle Rechnungen schicken, würden selbige nicht beglichen, schalte man sich ein. Auch der KSta ist sehr schnell: Man habe mein Storify gelesen, entschuldige sich nochmals und erwarte meine Rechnung. Außerdem habe man CenterTV bereits informiert. Ich danke den Kollegen beim KSta ausdrücklich dafür, dass sie so schnell reagieren.

Update 12.15 Uhr: Ich stelle über das Tracking meiner Homepage fest, dass man vor einer guten Stunde bei CenterTV von meinem Artikel Kenntnis genommen hat. Eine Antwort steht aber noch aus.

Update 25. Juli, 11.04 Uhr: Der DJV hatte mich auf die Vertragsbedingungen und Honorare 2013 verwiesen. Nach Rücksprache heute Morgen, kann ich für das Bild, das auf ksta.de ist, 90 Euro plus Umsatzsteuer verlangen. Diese Summe setzt sich zusammen aus 60 Euro für die Nutzung des Bildes auf einer kostenlosen Seite für zwei Monate sowie weiteren 50 Prozent für die Langzeitarchivierung. Für CenterTV fällt die Rechnung etwas höher aus. Denn dort hat man zwei Bilder benutzt – ohne Quellennennung. Macht 60 Euro pro Bild x 2 = 120 Euro x 2 weil ohne Quelle = 240 Euro. Im Gespräch mit Kollegen hat sich gestern Abend ein Satz herauskristallisiert, der die Situation auf den Punkt bringt: Verlage wollen unbedingt das Leistungsschutzrecht, aber ans Urheberrecht halten sie sich nicht.

Update 26. Juli: Sehr netter Anruf von CenterTV. Man sei in einem Twitter-Seminar falsch informiert worden. Jetzt wisse man es besser. Allerdings sei man finanziell nicht so gut gestellt – ob man sich irgendwie anders einigen können. Auf meine Frage, wie „anders“ aussehen könnte, kam der Vorschlag, sich bei der Hälfte des Rechnungsbetrages zu treffen und unter Umständen irgendwann mal zu einem kölschen Thema ins Studio zu kommen. Habe ich akzeptiert.

Was ein Heißluftballon mit Urheberrecht zu tun hat
Markiert in:

3 Kommentare zu „Was ein Heißluftballon mit Urheberrecht zu tun hat

  • Juli 25, 2013 um 1:40 am Uhr
    Permalink

    Frage am Rande: Hast du schon jemals raubkopierte Software verwendet? Photoshop, Word usw.?

    Antworten
    • Juli 25, 2013 um 3:05 pm Uhr
      Permalink

      Das mache ich tatsächlich nicht. Ich kaufe Software. Kann die Kosten ja von der Steuer absetzen. Ich kaufe übrigens auch Musik und Filme. Weil ich der Meinung bin, man muss die eigene Kreativbranche unterstützen.

      Antworten
  • Pingback:Immobilienjournalismus: Makler verletzt das Urheberrecht

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.

Entdecke mehr von Bettina Blaß

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen