In Großbritannien recherchieren? In den USA, China oder Lateinamerika? Kein Problem, denn Recherchestipendien für Journalisten gibt es eine ganze Menge. Die Zeitschrift Journalist listet sie im Internet auf, aber auch bei der Bundeszentrale für politische Bildung sind einige gelistet. Die Krux an den Programmen: Ich bin entweder zu alt dafür, oder wir passen inhaltlich nicht zusammen.
„Stipendium für junge Journalisten bis 30, 35“, das ist die Regel. Vielleicht gibt es auch mal ein Stipendium bis 40, aber ganz selten für ältere Kollegen. Ist das eigentlich eine Form der Altersdiskriminierung? Und warum überhaupt spielt das Alter eines Journalisten bei der Stipendiumvergabe eine Rolle? Unterstellt man Journalisten jenseits der 35, dass sie Recherchestipendien nicht mehr zu schätzen wissen? Sind sie zu erfahren, um noch ihre Rechercheträume zu verwirklichen? Oder finanziell automatisch wegen des Alters so gut gestellt, dass sie kein Stipendium mehr brauchen? Ich wüsste wirklich gerne, warum es bei der Stipendiumvergabe so oft eine Altersbegrenzung gibt. Darum würde ich mich darüber freuen, wenn die Stipendiumgeber, die eine Altersgrenze setzen, in den Kommentaren mir und meinen Lesern einen Grund dafür nennen könnten.
Auf dem Kriegsfuß mit Recherchestipendien
Wenn ich allerdings ehrlich bin, stand ich mit Stipendien schon auf dem Kriegsfuß, als ich noch nicht die magische Grenze 40 überschritten hatte. Früher nämlich, als ich noch jünger als 35 war, habe ich mich ab und zu auf ein Recherchestipendium beworben. Bekommen haben es jedoch immer die anderen. Damals hegte ich den Verdacht, dass das zum einen daran lag, dass ich nicht Festangestellte war, zum anderen daran, dass ich schon vor langer Zeit aufgehört habe, für große Namen zu schreiben. Man konnte sich also mit mir als Stipendiat nicht so richtig schmücken.
Eine Organisation, die Stipendien vergibt, konfrontierte ich mit meiner These. Sie wurde natürlich zurückgewiesen. Ich solle mich doch einfach nochmals bewerben, ein oder zwei Jahre später, sagte man mir. Eine Aussage, die ich ziemlich doof finde. Denn wer weiß, wo man beruflich ein oder zwei Jahre später steht? Vielleicht ist man gerade dann so sehr eingespannt, dass man nicht weg kann. Oder die familiäre Situation hat sich verändert.
Bin ich schlechter als die anderen?
Möglicherweise lag es daran, dass ich schlechter bin als andere Kollegen, die sich beworben haben. Ganz glauben kann ich das aber nicht. Obwohl – zu meinem 40. Geburtstag bekam ich die letzte Absage: Ich hätte noch nicht genügend journalistische Erfahrung, hieß es in der Mail. Sobald ich die gesammelt habe, sollte ich mich gerne nochmals bewerben. Davon habe ich dann allerdings abgesehen. Eine solche Absage sagt mehr über die Stipendium vergebende Organisation aus als über den Bewerber, finde ich.
Seither ziehe ich meine eigenen Projekte ohne finanzielle Unterstützung durch. Und bisher bin ich damit sehr gut gefahren – sowohl mit meiner Auszeit als ehrenamtliche Reporterin in Tansania als auch mit dem Projekt Digitalien im vergangenen Jahr. Einzig mein Aufenthalt als Austauschdozentin an der University of Memphis wurde vom DAAD finanziell unterstützt. Da gab es allerdings auch kein echtes Bewerbungsverfahren, da es auch keine Konkurrenz gab.
Was ich damit sagen möchte: Altersbeschränkungen für ein Stipendium finde ich mehr als überflüssig. Ich würde mich freuen, wenn einige Geldgeber sich darüber einmal Gedanken machten – bevor jemand vor einem Gericht gegen die Altersgrenzen klagt. Allerdings darf die Aufhebung der Altersgrenze dann nicht nur auf dem Papier stehen, sie muss auch im Geiste der Geldgeber ernst gemeint sein.
Und ihr, liebe Kollegen, seid nicht frustriert, wenn’s nicht klappt mit den Recherchestipendien. Bei mir hat es oft nicht geklappt. Ich habe aber gelernt, dass man Herzensprojekte auch anders umsetzen kann. Entweder indem man sich Kooperationspartner an Bord holt, sein Thema im Vorfeld versucht, möglichst oft zu verkaufen. Oder eine Crowdfunding-Kampagne macht. Dazu übrigens gibt es im Oktober 2015 beim DJV-NRW ein Seminar. Lasst Euch nicht aufhalten, macht Euer Ding – und lasst Euch schon gar nicht von jemandem vorschreiben, dass Ihr für irgendetwas zu alt seid. Jetzt nicht, und auch nicht in zehn Jahren oder später.
P.S.: 1996 bekam ich übrigens ein Stipendium des Stifterverbands während meines Aufbaustudiums Journalismus. Das ist jedoch etwas anderes als ein journalistisches Recherchestudium.
soviel zu wir sollen lebenslang lernen. Das muss man sich leisten können.
Gerade Einrichtungen, wo man neben dem Brotberuf zB studieren kann, kosten richtig viel.
Altersunabhängige Stipendien wären da schon mal ein guter Anfang.
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