Jedes Jahr im Januar freue ich mich darüber, einen dicken Stoß Papier wegwerfen zu dürfen. Denn jedes Jahr im Januar entsorge ich die Unterlagen, die zehn Jahre alt sind: Steuererklärungen, Rechnungen, Reiseunterlagen und was sich sonst noch so in diesem einem Geschäftsjahr angesammelt hat. Dieses Jahr habe ich mir die Mühe gemacht, die Unterlagen von 2005 näher anzuschauen, bevor ich sie durch den Schredder gejagt habe. Das Ergebnis überrascht mich ziemlich.
2005 war ich gerade drei Jahre selbstständig. Ich hatte damals mit Kollegen ein externes Büro und meine Rechnungen wurden noch per Post verschickt. Briefpapier habe ich heute nicht mehr. Das liegt daran, dass ich Briefe, wenn sie denn ausgedruckt werden müssen, in Farbe aus dem Laser-Drucker kommen, der damals noch unbezahlbar war. Ein Laser-Drucker, der schwarz-weiß druckte, kostete damals so viel wie heute die Farblaserdrucker. Auch für Briefmarken gebe ich heute kaum noch Geld aus, seit fast der gesamte Briefverkehr digital abläuft. In meinen Unterlagen von 2005 liegen noch sehr, sehr viele Quittungen für Briefmarken.
Ich blättere weiter und finde die Rechnung für meine erste Digitalkamera. Meine Güte! Ich fotografiere erst seit zehn Jahren digital? Das überrascht mich. Als nächstes stoße ich auf eine Rechnung für einen Computer mit meinem ersten Flachbildschirm, Kosten: 1.000 Euro. Ein schneller Blick auf die Seite von Mediamarkt zeigt mir, dass sich die Preise für Flachbildmonitore ungefähr halbiert haben. PCs kosten ähnlich viel wie damals, können aber mehr. Besonders interessant ist auch der Blick auf die Handyrechnung: Die war im Monat knapp 15 Euro billiger als heute. Dafür gab’s damals aber auch noch kein Datenvolumen im Gigabyte-Bereich. Festnetz und Internet ist etwa zehn Euro billiger geworden. Insofern sind also die Telekommunikationskosten erstaunlicherweise bei mir kaum gestiegen.
Digital aufgerüstet
Damals hatte ich noch Ausgaben für Zeitschriften, Zeitungen und Bücher. Heute lese ich bevorzugt bei Blendle, in Apps und eBooks. 100 Euro habe ich für die Digitalisierung eines Videos bezahlt, und weitere 120 Euro für den Eintrag in zwei Texter-Datenbanken. Erstaunlicherweise gibt es den Anbieter noch immer, wie eine schnelle Recherche zeigt. Die Eintragung ist heute aber fast 20 Euro billiger als 2005. Ich werde mich dort trotzdem nicht mehr eintragen lassen. Einen Beleg für die Teilnahme an einer Visitenkartenparty finde ich auch. Diesen Anbieter gibt es allerdings nicht mehr.
Auch den ersten mp3-Player habe ich 2005 gekauft. Ich erinnere mich genau – er war quietschgrün und hatte einen sehr kleinen Bildschirm, schwarz-weiß natürlich. Heute ist mein Smartphone mein mp3-Player. Ich finde auch einen ganzen Stapel KVB-Tickets auf Papier, auch sie sind selten geworden, denn heute nutze ich in der Regel die App für ÖPNV-Tickets. Aber 2005 gab’s offensichtlich noch keine Smartphones und auch keine Apps. Schwer vorstellbar! Die Kurzstrecke kostete 2005 übrigens 1,30 Euro, heute 1,90 Euro. Und noch ein Vergleich: Die Bahnfahrt nach Frankfurt mit dem ICE und der Bahncard 50 lag 2005 hin und zurück mit Reservierung bei 56 Euro. 2015 zahlte ich 70 Euro. Ohne Reservierung.
Manche gehen, andere bleiben
Ein Blick durch meine Rechnungen aus dem Jahr 2005: drei Kunden habe ich noch immer, den einen allerdings nur sporadisch. Zwei Kunden aus dieser Zeit habe ich wieder – nach einigen Jahren Pause. Und für 19 Kunden aus dieser Zeit schreibe ich nicht mehr. Das ist eine ziemlich hohe Zahl, finde ich. Oh, und eine Urheberrechtsverletzung brachte mir 2005 1.000 Euro Honorar. Finanziell betrachtet eine schöne Überraschung.
Bewirtungsbelege waren im 2005er Ordner abgeheftet mit den Namen von ehemaligen Kooperationspartnern, von denen ich kaum noch ein Gesicht vor Augen habe. Einige dürften in der Zwischenzeit schon in Rente sein. Ich finde auch Unterlagen über einen Flug nach Palma de Mallorca, denn ja, ich bin damals den ersten Media-thon auf der Insel gelaufen, Halbmarathon für Leute aus der Medienbranche. Was war ich damals fit! Das macht mich fast ein bisschen wehmütig. 2005 hatte ich übrigens auch noch ein Auto, stelle ich fest, denn ich finde teure Werkstattrechnungen. Ach, was ist es mir schwergefallen, meinen alten Golf zu verkaufen. Und nun bin ich schon so lange autofrei und so früh darüber, nur noch selten Parkplätze suchen zu müssen oder im Stau zu stehen. Das letzte Bild meines Autos ist heute eines der ersten in meinem Smartphone-Bilderspeicher.
Mein Fazit
Das erstaunliche Fazit meines Ausmistens: Ich hatte 2005 sehr andere und teilweise auch höhere Ausgaben als heute. Damit habe ich tatsächlich nicht gerechnet. Deutlich teurer geworden sind allerdings die Kosten für Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Das liegt aber auch daran, dass ich 2015 ein sehr viel höheres Jahresarbeitseinkommen gemeldet habe als 2005. Und noch einen großen Unterschied gibt es: Die Zinsen für mein Tagesgeldkonto waren 2005 im mittleren dreistelligen Bereich. Heute liegen sie eher im unteren zweistelligen Bereich. Ich bin schon heute darauf gespannt, was sich bis zum Jahr 2025 verändert haben wird!
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