Wüste in Texas. Weit und breit kein Dienstleister. So ähnlich fühlt man sich als Kunde in der Filiale der Deutschen Post in Köln-Ehrenfeld.
Wüste in Texas. Weit und breit kein Dienstleister. So ähnlich fühlt man sich als Kunde in der Filiale der Deutschen Post in Köln-Ehrenfeld.

Der mit Abstand meistgelesene Artikel in diesem Blog ist der über ein Produkt der Deutschen Post, Postpay nämlich. Obwohl ich dort damals Zwangskunde wurde, habe ich weiter meine Pakete mit DHL verschickt und die Postfiliale in Köln-Ehrenfeld besucht, wenn ich eine Frankierungsfrage nicht mit Hilfe des Internets lösen konnte. Gewohnheit eben. Heute ist der Punkt gekommen, wo ich beschließe, meine Pakete aus Protest künftig mit Hermes zu verschicken.

Freitags mache ich meine Buchhaltung. Die meisten Kunden wollen meine Rechnungen als PDF per Mail geschickt bekommen. Einer leider nicht. Da ich noch einige wenige 58 Cent-Briefmarken habe, und ich mir nach zwei Briefportoerhöhungen in kurzer Zeit nicht merken kann, wie ein Brief ausreichend frankiert ist, beschließe ich, einen Spaziergang zur Filiale in Köln-Ehrenfeld zu machen. Das passt ganz gut, denn so kann ich gleichzeitig das Paket abholen, das dort für meinen Mann abgegeben wurde.

Wer Briefmarken will steht links, für Pakete bitte rechts

Ich stelle mich in die Schlange an den drei offenen Schaltern, vor mir sind fünf Leute. Es dauert einige Minuten bis ich an der Reihe bin, ich lege das Kuvert auf den Tresen sowie den Paketabholschein. Die Postwertzeichenfachverkäuferin sagt mir, mit dem Abholschein müsse ich mich in die Schlange am Paketschalter einreihen. Den gibt es nämlich neuerdings auch, nachdem jahrelang alle Kunden an allen Schaltern gleich bedient wurden. Wohlgemerkt ist es genau ein Paketschalter und dort stehen ebenfalls fünf Leute an.

Ich antworte:“Ich stand bereits in der Schlange, ich habe nicht vor, mich ein zweites Mal anzustellen.“
Sie:“Das spielt keine Rolle. Pakete muss man am Paketschalter abholen. Dann müssen Sie sich eben nochmals anstellen.“
Ich:“Wie gesagt – ich stand bereits in der Schlange und es wäre äußert kundenunfreundlich, wenn ich mich ein zweites Mal anstellen müsste.“
Sie:“Das ist aber so.“
Ich:“Das kann nicht sein. Bei wem kann ich mich über dieses System beschweren?“
Sie:“Bei mir.“
Ich:“Das habe ich bereits getan, aber da Sie ja wahrscheinlich nicht für das System verantwortlich sind, würde ich mich gerne bei dem beschweren, der sich das ausgedacht hat.“
Sie:“Der ist nicht da.“
Ich:“Gut. Dann vielleicht Ihr Vorgesetzter. Wer ist das denn?“
Sie:“Der ist schon im Feierabend. Es ist nach vier.“
Ich:“Wie heißt er denn? Dann kann ich ihm ja eine Mail schicken.“
Sie:“Der sitzt nicht hier, der sitzt in Bonn im Post Tower. Und ich weiß nicht, wie der heißt.“
Ich:“Gut, dann beschwere ich mich eben in Bonn im Post Tower bei der Pressestelle oder der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit. Das System ist absurd und völlig kundenunfreundlich.“
Sie:“Nein, ist es nicht. Es wurde eingeführt, weil sich die Kunden, die keine Pakete abholen wollen, immer darüber beschwert haben, dass sie so lange anstehen mussten.“
Ich:“Nun ja, ich will zwei der Produkte in Anspruch nehmen, die hier angeboten werden. Ich will eine Briefmarke kaufen und ein Paket abholen. Und wie gesagt: ich stand bereits einmal an.“
Sie:“Sie sind aber im Wesentlichen hier wegen des Paketes, nicht wegen der Briefmarke.“
Ich:“Nö.“ (denke: Wie will sie das denn beurteilen? Mir ist es viel wichtiger, meinem Kunden eine Rechnung zu schicken, als ein Paket abzuholen, das nicht einmal an mich adressiert ist.)
Sie:“Früher mussten Sie sich wegen drei Produkten sogar dreimal anstellen!“
Ich:“Nochmals – das ist absurd und kundenunfreundlich.“
Sie:“Nein, ist es nicht. Wenn an einem Schalter alles gemacht wird, stehen alle Kunden 15 Minuten an. Nach der Schaltertrennung stehen eben die Kunden, die zweimal etwas benötigen 15 Minuten an, die anderen sind schneller durch. Das ist nicht kundenunfreundlich.“
Ich:“Ich sehe das anders.“

Tatsächlich habe ich mein Paket von der Dame bekommen. Mit dem zarten Hinweis, ihr sei der Weg nicht zu weit, andere Kollegen am anderen Ecke der Schalterhalle würden sich jedoch vermutlich weigern, mein Paket aus dem Lager zu holen und würden mich in die zweite Schlange schicken. Aha, denke ich, daher weht also der Wind.

Die Kundenunzufriedenheit ist damit jedoch nicht gelöst. Denn einen Schalter neben mir startete eine ähnliche Diskussion. Dort wollte eine Kundin ein Paket abholen und Geld einzahlen. Die Postdame dort lenkte schnell ein. Trotzdem: Wenn die armen Filialmitarbeiter diese Diskussion am Tag mehrmals führen müssen, ist etwas nicht in Ordnung mit dem System. Dabei gibt es Lösungen für das Problem.

Viel mehr Pakete bei deutsche Post DHL als früher

Für eine Titelgeschichte zum Thema Logistik hatte ich im Frühjahr dies recherchiert:

Allein 43.000 Mitarbeiter von Deutsche Post DHL transportieren jeden Tag 3,4 Millionen Pakete. Aufs Jahr 2013 gerechnet sind dies rund eine Milliarde Pakete. Zum Vergleich: 1997 waren es 544 Millionen im Jahr – die Zahl der Pakete hat sich also in 16 Jahren fast verdoppelt.

Alleine darum ist es unverständlich, warum es nur einen geöffneten Paketschalter in Köln-Ehrenfeld gibt – wohl aber drei offene Briefschalter. Will man den Kunden, die nur einen Brief verschicken wollen, einen Vorteil verschaffen, darf man die anderen nicht dadurch bestrafen, dass sie sich zweimal anstellen müssen oder in der langen Schlange am einzigen Paketschalter warten müssen. Vielmehr müsste Deutsche Post DHL

  1. anstelle eines Langsamschalters für Paketabholer einen Express-Schalter einrichten, so wie der Verbraucher ihn aus dem Supermarkt kennt. Übrigens gab es zur Weihnachtszeit diesen „Briefmarkenschalter“ bereits in mobiler Form in dieser Filiale – und er wurde gerne genutzt. Warum man ihn nur temporär angeboten hat, erklärt sich mir nicht.
  2. Man macht einen Bedarfsschalter zwischen Briefschaltern und Paketschalter auf. Stehen mehr als vier Kunden am Paketschalter an, wird er ebenfalls zum Paketschalter. Ist die Zahl der anderen Kunden größer, wird er zum Briefschalter. Kunden die mehr als ein Anliegen haben, werden natürlich trotzdem an allen Schaltern bedient. Gegebenenfalls müssen dann an den entfernteren Schaltern eben die Mitarbeiter eingesetzt werden, die fitter und stärker sind als andere.
  3. Es gibt einen reinen Briefmarkenschalter, einen reinen Paketschalter und zwei geöffnete Schalter für alles andere. „Alles andere“ ist dann für die Kunden, die mehr als nur ein Produkt in Anspruch nehmen wollen, die also Geld einzahlen oder abheben, ein Paket abholen und Briefmarken kaufen. Allerdings fürchte ich, dass auch das zu Unmut und Chaos führen könnte.

Trotzdem: Alles ist besser, als den Kunden zweimal anstehen zu lassen. Schließlich ist die Deutsche Post DHL ein Serviceunternehmen – und der Kunde kein Bittsteller.

Servicewüste Deutsche Post DHL: Kunde, stell dich zweimal an!
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2 Kommentare zu „Servicewüste Deutsche Post DHL: Kunde, stell dich zweimal an!

  • Dezember 9, 2014 um 2:48 pm Uhr
    Permalink

    Ich freue mich, diesen Artikel gefunden zu haben. Ist mir heute ähnlich in einer Berliner Postfiliale passiert. Ich hatte mich mit dem gelben Paketabholschein extra an der längeren Paketschlange angestellt, wurde aber nicht bedient, da es sich um eine Warensendung handelte, die nicht als Paket zählt. Ich soillte mich ebenfalls neu anstellen und wurde von der Verkaufsdame nicht mehr beachtet. Ein Gespräch mit dem Filialleiter zeigte, daß das Problem bekannt ist und gerade versucht wird, mit der DHL zu lösen. Das größere Problem liegt wohl aber eher darin, daß hier noch alte Ostmentalität bei den Damen herrscht, die schwer rauszukriegen ist.

    Antworten
  • Pingback:Der lange Weg zu meinem DHL-Paket | Bettina Blaß

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